Knast für Hammer Spitzenbeamten

■ Ehemaliger Wirtschaftsförderungsdezernent wegen Betrug zu sieben Jahren Haft verurteilt/1,7 Mio. von Babcock kassiert für einen Bauauftrag/Haftverschonung nur, wenn Masannek die nicht gefundene Beute als Kaution anbietet

Aus Dortmund Petra Bornhöft

Zu sieben Jahren Gefängnis verurteilte gestern die 13. Strafkammer des Landgerichtes Dortmund den früheren Wirtschaftsförderungsdezernenten der Stadt Hamm, Winfried Masannek. Das Gericht sah es als erwiesen an, daß der 52–jährige im Zusammenhang mit dem Bau einer Müllverbrennungsanlage durch die Deutsche Babcock Anlagen AG 1,7 Millionen von der Firma kassiert, alle relevanten Vertragsunterschriften gefälscht und sich deshalb des „besonders schweren Betruges“ schuldig gemacht hat Masannek, auf den noch ein Prozeß wegen Titel– und Urkundenfälschung wartet, bleibt hinter Gittern. Auf Haftverschonung könne sich das Gericht erst einlassen, So Richter Otto Hagemann schmunzelnd, wenn der falsche Doppeldoktor eine Kaution „aus eigenen Mitteln“ anbiete. Schließlich müsse er noch über 400 000 DM Beute verfügen. Die steile Karriere vom mittellosen Berglehrling zum superreichen Spitzenbeamten mit zwei gefälschten Doktortiteln begann mit der kommunalen Neugliederung in NRW. 1975 hievte man den einstigen stellvertretenden CDU– Stadtdirektor von Bockum–Hövel auf den Posten des Rechtsdezernenten in der neuen Stadt Hamm. Folgenlos überstand Masannek verwaltungsinterne Kritik an „unzureichenden Leistungen“ und die vom Rechnungsprüfungsamt aufgedeckten „Unregelmäßigkeiten“ und Begünstigungen von Privatfirmen. Einmütig übertrugen die Rathausparteien dem emsigen Sport– und Mülldezernenten 1985 auch noch die Aufgabe der Wirtschaftsförderung. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Hochstapler schon kräftig in die eigenen Tasche gewirtschaftet. 1,4 Millionen investierte er in Wohnungs– und Grundstückskäufe in Schwabing und auf Sylt oder auf Festgeldkonten von Sohn und Ehefrau. Letztere, der Ma sannek das Zeugnis einer Gartenbau–Ingenieurin ausstellte, sollte die „Baumschule mit Heidschnuckenzucht“ betreiben. Das Anwesen mit Tennisplatz im Landschaftsschutzgebiet von Hamm hatte ihr Mann sich zugeschustert. Den aufwendigen Lebensstil finanzierte Masannek mit den Babcock–Geldern. Daß die mitangeklagten Manager Schmiergelder für den Bau der Müllverbrennungsanlage gezahlt haben, bestreiten sie energisch. Angeblich sollte Masannek „nur“ als Geldbote fungieren und „Widerstand der politischen Parteien sowie Bürgerproteste“ besänftigen. Das gezahlte Schwarzgeld sei als Par teispende gedacht gewesen. Diese Darstellung sah die Strafkammer als glaubwürdig an. Vermutlich werden die drei ehemaligen Vorstandsmitglieder nächste Woche vom Vorwurf der Bestechung freigesprochen. Tatsache bleibt, daß die Rathausparteien den Bau der Verbrennungsanlage längst beschlossen hatten, bevor sich Masanneks Konten füllten. Dafür hatte der wegen Verhandlungsunfähigkeit (noch) nicht auf der Anklagebank sitzende damalige SPD–Chef Robert Rehling (74) gesorgt. Der langjährige Gönner des Winfried Masannek ließ sich seine Dienste mit mindestens 20 000 DM bezahlen. An den früheren „Wehner von Hamm“, der seine Partei auf Linie in Sachen Müllverbrennung brachte, mag heute niemand gern erinnert werden. Die Vergangenheitsbewältigung in Hamm ist abgeschlossen. Zwar prophezeiten alle Parteien einen „grundsätzlichen Neuanfang“ nach Bekanntwerden der Filzokratie. Doch nichts folgte daraus. In der letzten Woche scheiterte erneut die Abwahl des Oberstadtdirektors, dessen geruhsamen Büroschlaf selbst das Gericht dem Untergeben Masannek zugute hielt. Die Zeche zahlen letzlich die BürgerInnen mit höheren Müllgebühren. Die Müllverbrennungsanlage kostete nicht 50, sondern 180 Millionen Mark.