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Bremer High–Tech für den Golfkrieg

■ Bremer High–Tech–Firma verkauft Gerät, mit dem chemische Kampfstoffe aufgespürt werden können, auch in „Spannungsgebiete“ / Bundesamt für Wirtschaft in Eschborn weiß von keiner Genehmigung für den Export

Aus Bremen Dietmar Bartz

In einer High–Tech–Firma in Bremen sind im letzten September iranische Militärs ausgebildet worden. Die „Bruker–Franzen Analytik GmbH“ in Bremen–Kattenturm, die vor einigen Jahren in Zusammenarbeit mit der Bundeswehr ein Spürgerät für chemische Kampfstoffe entwickelt hat, will ihr Gerät, das Massenspektrometer „MM–1“, über eine iranische Importfirma an die Armee des kriegführenden Landes verkaufen. Der Export in den Iran ist aber nach den Beschlüssen der Bundesregierung verboten ist. Doch Jochen Franzen, der Chef des Unternehmens, behauptet, im Besitz einer weltweit geltenden Exportgenehmigung zu sein. Das „MM–1“ ist nämlich in der Außenwirtschaftsverordnung (Anlage Teil A) aufgeführt, die den Export der militärischen Version genehmigungspflichtig macht. Von einer solchen Genehmigung für Bruker–Franzen war dem zuständigen Bundesamt für Wirtschaft in Eschborn jedoch bislang nichts bekannt, wie es am Freitag der taz auf Anfrage mitteilte. Franzen räumte gegenüber der taz ein, daß die Armeen von Abu Dhabi und Thailand die militärische Version erhalten haben. Das Bundesamt überprüft jetzt die Verkäufe. Hinweise der taz auf den Besuch von südafrikanischen Militärs, die sich ebenfalls für das Gerät interessieren sollen, wurden von Firmenchef Franzen bestrit ten. Die militärische Version des „MM–1“ wird in Panzer oder Geländewagen eingebaut und kann in sehr kurzer Zeit die Zusammensetzung von Kampfgasen analysieren. Das war bislang nur zeitraubend und mit aufwendigem Gerät möglich. Seit 1985 hat die Bundeswehr etwa zehn der mobilen Analysegeräte für den Einbau in ihren ABC–Spürpanzer „Fuchs“ beschafft; die gleiche Anzahl von Geräten wurde an die US–Army ausgeliefert. Das Unternehmen baut jährlich etwa 20 Exemplare des „MM–1“, die je 300.000 Mark kosten und auch von Umweltchemikern sehr geschätzt werden: auch die Umweltbehörde in Hamburg oder Greenpeace in Österreich gehört zur zivilen Kundschaft. Für die US–Armee entwickelt das Unternehmen in den kommenden drei Jahren ein biologisches Massenspektrometer, das ähnlich schnell und mobil sein soll wie das „MM–1“. Das neue Gerät soll dem Nachweis von Kampfbakterien und -viren dienen. Solche Kampfstoffe, gentechnologisch verändert, werden seit einigen Jahren von der US–Armee erforscht und entwickelt. Bruker–Franzen baut das Gerät im Unterauftrag für die US–Firma Teledyne; Jochen Franzen betonte, daß während der Entwicklung des Gerätes in Bremen nur mit harmlosen Heu– oder Tabak–Bakterien gearbeitet werde. Die Abstimmung auf die Bio–Kampfstoffe geschehe in dafür geeigneten Labors vermutlich in den USA.

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