Syrisch–türkische Einigung gegen PKK

■ Abkommen abgeschlossen: Türkische Grenzsicherheit gegen Wasserlieferung / Türkische Regierung will PKK isolieren / Kriegszustand in kurdischen Provinzen aufgehoben und durch Ausnahmezustand ersetzt / Sucht die PKK ein neues Asyl in Griechenland?

Von Laila Rangel

Hamburg (taz) - „Gemeinsames Wasser kann, wenn man gute Beziehungen unterhält, auch gemeinsam verwaltet werden“, hatte der türkische Ministerpräsident Turgut Özal feinsinnig erklärt, kurz bevor er mit dem syrischen Staatschef Hafez al–Assad zusammentraf. Die Drohung wirkte. Zurück nach Ankara kam Özal am vergangenen Freitag mit zwei syrisch–türkischen Verträgen in der Tasche: einem Sicherheitsabkommen, in dem sich beide Seiten verpflichten, gegen den jeweils anderen Staat gerichtete feindselige Aktionen zu unterbinden und die polizeiliche Zusammenarbeit auf diesem Gebiet zu verstärken sowie ein Vertrag über wirtschaftliche Zusammenarbeit, in dem die türkische Regierung Syrien garantiert, daß Syrien bis auf weiteres 500 Kubikmeter Euphratwasser pro Sekunde er hält. Seit die türkische Regierung ein riesiges Dammprojekt im Südosten des Landes plant, das Euphrat und Tigris stauen soll, fürchten die Syrer, der Euphrat könne danach nicht mehr genug Wasser mit sich führen, um den Assad– Staudamm nahe der nordsyrischen Stadt Aleppo zu speisen, mit dem nicht nur riesige Ländereien bewässert werden, sondern von dem unter anderem die Stromversorgung der Hauptstadt Damaskus abhängt. Seit Beginn der Bauarbeiten hatte die Özal–Regierung wiederholt angedeutet, daß sich die Wasser des Euphrat unangenehm vermindern könnten, wenn Syrien nicht aufhört, die „Kurdische Arbeiter–Partei“ (PKK) zu unterstützen. Auf das Konto der PKK gehen die beiden Massaker in kurdischen Dörfern in der letzten Zeit, die Dutzende Opfer forderten, darunter viele Frauen und Kinder. Daß sich PKK–Lager in Syrien befinden, bestritt Özals sy rischer Gesprächspartner allerdings. In der Tat sollen in der letzten Zeit PKK–Lager in die libanesische Bekaa–Ebene verlegt worden sein, die von den Syrern besetzt ist. Von Journalisten befragt, ob das Abkommen denn auch eine Schließung der militärischen Ausbildungslager der PKK im Bekaa einschließe, erwiderte der syrische Ministerpräsident Abdel Raouf al–Kassem entrüstet, das Bekaa sei libanesisch, da könnten die Syrer sich nicht einmischen. Am Sonntag wurde nach zehn Jahren das Kriegsrecht in den kurdischen Provinzen Diyarbakir, Siirt, Mardin und Hakkari aufgehoben. In diesen und weiteren fünf Provinzen wurde jedoch stattdessen der Ausnahmezustand eingesetzt, der sich kaum vom Kriegsrecht unterscheidet. Um den kurdischen Teil des Landes unter Kontrolle zu bekommen, hat die Regierung außerdem einen „Ausnahmezustandsgouverneur“ ein gesetzt, der über acht Provinzen herrscht. Hayri Kozakcioglu, der neue „Supergouverneur“, hat das Recht, ganze Dörfer umzusiedeln, die örtliche Polizei steht zu seiner Verfügung, je nach Bedarf kann er militärische Unterstützung anfordern. Als erste Amtshandlung gab Kozakcioglu eine Verlautbarung heraus, in der er die Fortdauer einer Reihe von Einschränkungen aus dem Kriegsrecht dekretiert, wie Einschränkung der Bewegungsfreiheit in den ihm unterstehenden Gebieten, Möglichkeit der Pressezensur, der Schließung von Teehäusern und Kinos, der jederzeitigen Leibesvisite von Personen. Und die PKK? Gerüchten zufolge soll sie sich nach einer neuen Bleibe in Griechenland umsehen.