EG verabschiedet Forschungsprogramm

■ Europäer wollen in den nächsten vier Jahren Unternehmen mit zwölf Milliarden Mark für ihre Forschungsvorhaben fördern

Berlin (taz) - In Brüssel wurde gestern nach monatelangen Diskussionen das 2. EG–Forschungsprogramm von den EG–Außenministern unterzeichnet. Der Streit um die Finanzierung des auf eine vierjährige Laufzeit angelegten Programms dreht sich um die Weigerung Großbritanniens, den auf dieses Land entfallenden Beitrag zu entrichten. Auf Vermittlung des belgischen Ratspräsidenten einigte man sich im April schließlich auf einen Finanzrahmen von etwa zwölf Mrd. Mark. Bis zur geplanten EG–Finanzreform soll nun etwa eine Mrd. Mark, die eigentlich von Großbritannien aufzubringen wäre, innerhalb des Forschungsetats eingefroren werden. Der zuständige EG–Kommissar Narjes hatte schon vor Monaten gewarnt, eine weitere Verzögerung in der Absicherung der EG–Forschung werde zu unübersehbaren Schäden führen. Tatsächlich scheint das Interesse einschlägiger Konzerne, endlich Gelder für Investitionen in ihren Hochtechnologiebereichen zu Verfügung zu haben, immer drängender zu werden. Das erste Forschungsprogramm, das mit etwa acht Mrd. Mark ausgestattet war, läuft in diesem Jahr aus. Eines seiner Schwerpunkte war das informationstechnische ESPRIT–Programm, für das etwa 180 Mio. Mark ausgegeben wurden. Mit der Neuauflage der EG– Forschung werden die Akzente weitaus deutlicher gesetzt. Allein für den Aufbau des europäischen Breitband–Kommunikationsnetzes RACE sollen 1,2 Mrd. Mark ausgegeben werden. Laut Forschungsministerium ist dieses eher markt– und anwendungsbezogene Projekt, das keinerlei Kriterien von Grundlagenforschung aufweist, eine Konzession an die Postbehörden der EG–Länder, die hier starken Druck machen. Für andere Bereiche der Informationstechnologie stehen weitere 3,7 Mrd. Mark zur Verfügung. 3,5 Mrd. Mark fließen in den Bereich Energieforschung, hauptsächlich Kernspaltung und Kernfusion. Strahlenschutz, Gesundheit und Umwelt rangieren mit 780 Mio DM unter „ferner liefen ...“ 2,1 Mrd. DM stehen den großen Unternehmen unmittelbar als Rationalisierungshilfe zur Verfügung, sie werden unter dem Stichwort „industrielle Modernisierung“ vergeben. Imma Harms