Europa färbt ab

■ Rechtsregierung in Portugal

Einen lauen Wahlkampf hat Portugal erlebt, ohne inhaltliche Auseinandersetzungen, ohne großen Einsatz - als ob es um nichts gegangen wäre. In der Tat ging es um nichts. Inhaltlich. Die Portugiesen haben Cavaco Silva, den Chef der rechten Sozialdemokraten, nicht deshalb mit überwältigender Mehrheit gewählt, weil ihnen all das am Herzen liegt, wofür Cavaco Silvas Regierung garantiert: Armut, Arbeitslosigkeit, Raubbau an der Natur. Die Wähler haben für Stabilität optiert, für Kontinuität und Ruhe. Nachdem sie in 13 Jahren 16mal gewählt haben, wollten sie nun eine Weile von Wahlurnen verschont bleiben. Aber mußte das nun ausgerechnet mit der Rechten passieren? Außer der politischen Müdigkeit der Portugiesen zeigt die Wahl auch, wie stark dieses Land schon mit Europa verflochten ist. Wie in den meisten anderen westeuropäischen Ländern ist auch hier die Linke zersplittert, auf der Suche nach neuen Wegen. Die traditionelle Linke wie die Kommunisten befinden sich im Abwind, an klaren politischen Strategien fehlt es. Wie in Frankreich, Italien, Griechenland oder Spanien kommen Figuren an die Macht, die vor allem Stärke ausstrahlen, die „politische Mitte“ verkörpern, ein Gefühl von Sicherheit verbreiten. Die im Umbruch befindliche Linke kann dieses Bedürfnis nach Sicherheit nicht befriedigen, soll sie auch nicht. Sie kann nicht erwarten, daß ihr Diskussionsprozeß durch Wählerstimmen belohnt wird. Aber eine rechte Regierung in Portugal - das schmerzt, wenn man an die politischen Entwicklungen immer noch das Raster der Nelkenrevolution anlegt. Aber unser Mythos von einem Nicaragua vor der Haustür ist unser Problem. Antje Bauer