Sintflut in Italien: Noch keine Bilanz der Opfer

■ Polemiken über die Sicherheitsvorkehrungen / Ausbeuter des Unglücks bereits am Werk / Mithilfe kostet bis 13.000 Mark

Aus Rom Werner Raith

Noch immer sehen sich die italienischen Behörden außerstande, eine auch nur provisorische Bilanz der Überschwemmungskatastrophe in der oberen Lombardei und in Südtirol zu ziehen. Während das Zivilschutzministerium bei den Sachschäden eine Summe in Milliardenhöhe annimmt, überschlagen sich noch immer die Meldungen über tatsächlich gefundene, vermutete oder befürchtete Todesopfer. So sprechen die derzeitigen Verlautbarungen des Ministeriums von zwölf bisher identifizierten Toten und elf Vermißten; zuvor hatte dieselbe Stelle 14 Tote gezählt, in der Nacht zum Mittwoch war die Zahl zeitweise sogar mit über 20 angegeben worden. Im Katastrophengebiet spricht die Einsatzleitung von der Möglichkeit, daß weitere 40 bis 50 Personen noch unter den Schlammassen im Gebiet von Tartano und Sondrio begraben sein könnten. Inzwischen hat eine kräftige Polemik gegenüber staatlichen Stellen eingesetzt, insbesondere von Umweltschützern. So haben zum Beispiel die lobardischen Grünen und verschiedene Ökologen der betroffenen Provinzen schon vor Jahren auf gefährliche unterirdische Verquetschungen und Verlagerungen von Gesteins– und Wassermassen hingewiesen; Reaktionen der Behörden auf diese Warnung aber stünden bis heute noch aus. Bekannt wurde inzwischen auch, daß die bei solchen Gelegenheiten stets auftretenden Unglücks–Ausbeuter diesmal offenbar besonders schnell reagiert haben: Unmittelbar nach Bekanntwerden der Überschwemmung boten Hubschrauber–Unternehmen in Mailand und Umgebung ihre „Mithilfe“ an - und forderten pro geretteter Person umgerechnet zwischen 7.000 und 13.000 Mark. Die zuständige Staatsanwaltschaft hat jedoch bereits eine Untersuchung gegen die betreffenden Firmen und Piloten eingeleitet.