Schwankungen

■ Zur bundesdeutschen Iran–Politik

Die bundesdeutsche Iran–Politik hat seit dem Ausbruch des Golfkrieges bemerkenswerte Schwankungen durchlaufen. Damals, im September 1980, als irakische Truppen auf einer Länge von 600 Kilometern ins Nachbarland einmarschiert waren, setzte sich Bonn wie auch Washington in einer ersten UN–Resolution nicht für einen Truppenrückzug an die Grenze ein. Die Änderung wurde erst eingeleitet, als Iran die gegnerischen Truppen vertrieben hatte und mit dem Einmarsch im Nachbarland selbst zum Aggressor wurde. Zwei Jahre später reiste Außenminister Genscher als Vorreiter westlicher Interessen nach Teheran. Daß es sich dabei nicht ausschließlich um die Belange der deutschen Wirtschaft handelte, wurde deutlich, als die geheimen amerikanischen Waffenlieferungen an den Iran aufflogen. Denn es ging nicht nur um die Geiseln im Libanon, sondern auch um die strategischen Interessen der USA an dem wichtigen Nachbarland der Sowjetunion, wie es auch bei den jüngsten Aussagen des ehemaligen Sicherheitsberaters Poindexter bei der Irangate–Anhörung deutlich wurde. Als am Montag die UN–Resolution zum Golfkrieg verabschiedet wurde, standen Bonn und Washington erneut in einer Front: Der Irak wurde nicht als Aggressor verurteilt, wohl aber der Rückzug der iranischen Truppen gefordert. Und in einer Situation, wo der Iran wie schon nach dem Einmarsch in den Irak erneut international isoliert ist, ist es wieder die Bundesregierung, die Außenminister Velayati mit Zustimmung aus Washington empfängt. Während es also nach außen so erscheint, als sei die Bonner Iran–Politik besonders „vernünftig“, so hängen Genscher und seine Freunde ihr Fähnchen im Grunde nach dem Wind, der gerade aus Washington weht. Dabei hätte die BRD mit ihren wirtschaftlichen Beziehungen zu Teheran ein gutes Mittel zur Hand, Iran in der Kriegsfrage zum Einlenken zu drängen. Wenn dies nicht die Botschaft Genschers an seinen Kollegen Velayati ist, leistet der deutsche Außenminister seinen Beitrag, damit die UN–Resolution von der Teheraner Führung nicht eingehalten wird. Beate Seel