Warnsystem in Bürgerhand

■ Bürgerinitiative Landshut (Bayern) baut Meßsystem zur radioaktiven Umgebungsüberwachung auf 36 Meßfühler überwachen ringförmig die drei Atomkraftwerke in Ohu und Niederaichbach

Landshut (taz) - Von einer Bürgerinitiative sollen in Zukunft die radioaktiven Abgaben der drei Atomkraftwerke in Ohu und Niederaichbach bei Landshut überwacht werden. Die Gesellschaft für aktives Umweltbewußtsein (GAU) e.V., Landshut, stellte am Montag vor der Presse ein System zur radioaktiven Umgebungsüberwachung der Luft vor. 36 Meßfühler, die ringförmig im Abstand zwischen drei und sieben Kilometern um den Reaktorkomplex angeordnet sind, sollen mit einer zentralen Alarm– und Meßwertüberwachung verbunden werden. Das „Warnsystem in Bürgerhand“ dient als Frühwarnanlage für erhöhte Radioaktivität. „Wir brauchen etwas, um bei radioaktiven Unfällen unsere Kinder von der Straße holen zu können“, drückt Rolf Fahle den Wunsch vieler Mitglieder nach eigenen Meßeinrichtungen aus. Zusätzgeräte, die bei Überschreiten einer Alarmschwelle zehn Kubikmeter Luft durch einen Filter ziehen, dienen mit der späteren nuklidspezifischen Auswertung der Beweissicherung. Den letzten Anstoß für die Entscheidung, die radioaktive Luftüberwachung selbst in die Hand zu nehmen, gab der Abriß der stillgelegten Atomruine Niederaichbach. Der Ende Juni durch das bayerische Umweltministerium nachträglich angeordnete Sofortvollzug brachte „das Faß zum Überlaufen“, empört sich Vorstandsmitglied Regine Keyßner über die zusätzliche radioaktive Belastung durch den Abriß. Pläne für ein solches System schmiedet die rührige Bürgerinitiative allerdings schon länger. Die Informationspolitik staatlicher Behörden nach Tschernobyl und die danach durch das Strahlenschutzvorsorgegesetz weiter eingeschränkten Informationsrechte einzelner Institutionen ließen den Wunsch nach einem eigenen Meßsystem wachsen. Zur Jahreswende mit dem Reaktor Ohu II auch noch ein weiterer Strahlenherd in Betrieb gehen. Angeregt wurde die Bürgerinitiative durch ein ähnliches System in Luxemburg zur Überwachung des Atommeilers in Cattenom. Finanzieren wollen die Umweltschützer das 72.000 Mark teure System zur Messung der Gamma–Dosisleistung über Spenden. Ihr Engagement haben die 300 Mitglieder der nach Tschernobyl gegründeten Bürgerinitiative schon einmal bewiesen. Für 40.000 Mark wurde ein Gerät zur Lebensmittelüberwachung auf Jod und Cäsium sowie mehrere Bodenmeßgeräte angeschafft. Bisher wurden 2.500 Lebensmittelproben zum übrigens sensationell niedrigen Preis von zehn Mark bzw. einer Mark für Säuglingsnahrung gemessen. Karaman Kontakt: Gesellschaft für aktives Umweltbewußtsein (GAU) e.V., Altstadt 105, 8300 Landshut, Telefon 0871/29520; Spendenkonto Raiffeisenbank Altfraunhofen– Vilsheim (BLZ 743 696 55), Konto–Nr. 1519190.