Französische Neutronenbombe soll in der BRD stationiert werden Zweitschlüssel zur Bombe für Bonn

■ Frankreich ist startbereit zur Produktion der Neutronenbombe / Mitterrands engster Berater Hernu und der Fraktionschef der Gaullisten Messmer plädieren für Stationierung in der BRD / Per „Zweischlüssellösung“ soll Bonn über den Einsatz der Waffe mit entscheiden

Aus Paris Georg Blume

Frankreichs Verteidigungspolitiker planen die Stationierung der französischen Neutronenbombe in der Bundesrepublik. Um Bonn zum Entgegenkommen zu bewegen, wollen sie im Fall einer Stationierung der Bundesregierung den „Zweitschlüssel“ zu der Waffe gewähren. Auf diesem Weg soll die Bundesregierung ein Mitentscheidungsrecht für den Einsatz der Bombe bekommen. Die Neutronenbombe ist eine taktische Atomwaffe. Sie soll als Sprengkopf auf die im Bau befindliche französische Kurzstreckenrakete Hades montiert werden. Die führenden Militärexperten der drei großen französischen Parteien äußerten sich einheitlich gegenüber der taz zur deutsch–französischen Zusammenarbeit auf militärischem Gebiet. Charles Hernu, Mitterrands engster militärischer Berater erklärte: „Ich sage, daß die Hades mit der Neutronenbombe bestückt auf deutschem Boden stehen muß.“ Er schließt zudem nicht aus, auch die Bundeswehr mit der Hades–Rakete auszurüsten. Hernu bezeichnete es als „große Aufgabe“, zu einer Einigung mit der Bundesregierung über den Einsatz französischer Atomwaffen zu kommen. Die französischen Politiker schlagen der Bundesregierung Verhandlungen über eine gemeinsame atomare Verteidigungsstrategie vor. Pierre Messmer, der Fraktionschef der gaullistischen Regierungspartei RPR, vertritt die Auffassung: „Ich wünsche, daß es zu deutsch–französischen Verhandlungen über die Frage der Zweischlüssellösung für dann in Deutschland zu stationierende französische taktische Atomwaffen kommt.“ Für die zweite Regierungspartei, die liberale UDF, schloß sich ihr Verteidigungsexperte Jean–Marie Daillet den Meinungen Hernus und Messmers ohne Einschränkungen an. Er nannte es einen „konkreten Beweis für den westeuropäischen Verteidigungswillen“, wenn die Hades–Rakete in naher Zukunft mit Neutronensprengköpfen bestückt an der Elbe stünde. Die französische Neutronenbombe ist soweit entwickelt, daß sie in die Serienproduktion gehen kann. Dafür jedoch gibt es bis heute keine offizelle Genehmigung des Präsidenten. Mitterrand wie auch die beiden Präsidentschaftsbewerber der Rechten, Premierminister Chirac und Ex– Premierminister Barre, halten sich in der Stationierungsfrage der Neutronenbombe bisher bedeckt. Tagesthema Seite 2 und 3 Interviews Seite 9 Kommentar Seite 4