Tamilen–Abkommen unterzeichnet

■ Straßenkämpfe gegen Vertrag zwischen Sri Lanka und Indien / Zwei Kabinettsmitglieder fehlten wegen des umstrittenen Abkommens beim Empfang Gandhis / Tamil Tigers lenken offenbar ein

Aus Madras Biggi Wolff

Der Präsident von Sri Lanka Junius Jayewardene und der indische Ministerpräsident Rajiv Gandhi haben am Mittwoch in Colombo einen Vertrag unterzeichnet, durch den die jahrelangen Gewalttätigkeiten zwischen buddhistischen Singhalesen und hinduistischen Tamilen beendet werden sollen. Trotz eines landesweit verhängten Ausgangsverbots kam es in Colombo und anderen Städten im Süden der Insel zu gewalttätigen Protesten von Singhalesen. Während der Unterzeichnung des Abkommens eröffnete gestern die Polizei in Colombo das Feuer auf 1.000 Demonstranten, die gegen das Abkommen protestierten. Auch aus anderen Städten Sri Lankas wurden Auseinandersetzungen mit der Polizei gemeldet. Schon am Vortag waren bei Protesten 22 Menschen getötet, mehr als 100 verletzt worden. Das Abkommen sieht die Machtaufteilung zwischen Singhalesen und Tamilen durch die Einrichtung von Provinzräten und die Zusammenlegung des Nordens und des Ostens der Insel mit einem einzigen Provinzrat vor. In der Ostprovinz leben mehrheitlich buddhistische Singhalesen und Moslems. Durch die Zusammenlegung fürchten die Singhalesen nun, im Vergleich zu den Tamilen an Macht einzubüßen. Innerhalb der srilankanischen Regierung war das Abkommen keineswegs unumstritten. So fehlten bei der Begrüßung Ghandis auf dem Flughafen sowohl Ministerpräsident Premadsa als auch Sicherhe späteres Referendum über die endgültige Zusammenlegung der Provinzen entschieden werden soll und die Bedingung, daß die Guerilla innerhalb 72 Stunden nach der Unterzeichnung die Waffen niederlege. Die wichtigste Tamilenorganisation LTTE, die zunächst das Abkommen als Verrat am tamilischen Volk zurückgewiesen hatte, schien am Mittwoch einlenken zu wollen. Ein Sprecher der Guerilla erklärte, die „Tigers“ wollten ihre ablehnende Haltung überdenken.