Im Zweifel für die Allgemeinheit

■ Grundsatzurteil gegen Volkszählungsboykotteure: Oberverwaltungsgericht Münster lehnt Aussetzungsanträge ab / Die Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit sind für die Richter unwichtiger als das Gemeininteresse

Münster (ap/taz) - Der Versuch von Volkszählungsgegnern in Nordrhein–Westfalen, ihre Aussetzungsanträge mit der Verfassungswidrigkeit des Volkszählungsgesetzes zu begründen, scheiterte jetzt vorerst am Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster. Nach der Entscheidung haben derart begründete Aussetzungsanträge von Volkszählungsgegnern gegen die Heranziehung zur Volkszählung keine Aussicht auf Erfolg. Das Gericht stützte sich dabei auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1983. Darin hatte das Oberste Gericht hervorgehoben, die besonderen Umstände der Volkszählung, die auf vollständige Angaben zu einem Stichtag angewiesen sei, rechtfertigten es, den Rechtsschutzan spruch des einzelnen Bürgers zurückzustellen. Im Hinblick darauf verliere das Interesse des Betroffenen, seiner Auskunftspflicht zunächst nicht nachzukommen, „jegliches Gewicht“, urteilte jetzt der Münstersche Senat. In dem Verfahren hatte der Antragsteller die Volkszählungsbögen nicht ausgefüllt und war daraufhin von der Erhebungsstelle durch einen Heranziehungsbescheid zur Auskunftserteilung aufgefordert worden. Ein dagegen gerichtetes Eilverfahren, in dem der Kläger die Verfassungsmäßigkeit des Volkszählungsgesetzes bezweifelte, blieb sowohl vor dem Verwaltungsgericht als auch vor dem OVG ohne Erfolg. Selbst wenn Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit zu berücksichtigen wären, besitze das Interesse der Allgemeinheit Vorrang. Das Urteil kann jetzt nur noch vom Bundesverfassungsgericht aufgehoben werden. Dem in diesem Fall beschrittenen Weg, lediglich generell gegen die Verfassungsmäßigkeit der Volkszählung zu klagen, wurde von Volkszählungsgegnern in der öffentlichen Diskussion auch bisher wenig Erfolgschancen beigemessen. Die meisten Aussetzungsanträge wurden deshalb auch mit vor Ort festgestellten konkreten Verstößen bei der Volkszählung begründet.