Tanz um die Mitte

■ Zum Koalitionskrach zwischen CDU und CSU

Zunächst sah es nach politischer Intervention im besten Sinne aus, was die CDU–Politiker Blüm und Geißler im diesjährigen Sommer aus dem Streit um die Aufnahme der 15 von der Todestrafe bedrohten Chilenen gemacht haben. Inzwischen hat sich jedoch herausgestellt, daß die Menschenrechtsdiskussion von Geißler und Blüm dabei zu einem guten Teil nur Folie ist, genauso wie die Reaktionen der CSU. Es geht in diesem Konflikt zwischen CSU und CDU viel weniger um die Chilenen als um die ewig wiederkehrende Klamotte der bayrischen Drohgebärde. Die CSU hat es sich immer schon zu ihrer Aufgabe gemacht, die große Schwesterpartei so weit wie möglich auf Law– and–order–Politik einzuschwören. Was ist also das Neue an der Auseinandersetzung zwischen CSU und CDU? Strukturell haben sich die Gewichte zwischen den beiden Parteien verschoben, weil die Machtfülle der CSU von Wahl zu Wahl schrumpft, Strauß verliert. Geißler hat nicht zuletzt auch daraus die Konsequenzen gezogen. Die CDU hat dabei ganz unabhängig vom Niedergang der CSU andere Integrationsaufgaben zu bewerkstelligen, will sie strukturell mehrheitsfähig bleiben. Der Generalsekretär weiß, daß sich die CDU um neue Wähler in der Mitte kümmern muß. So lautet seine und Blüms Message in der jüngsten Auseinandersetzung: Von Strauß bis hin zum „Herz–Jesu–Marxisten“ ist alles in den Unionsparteien gut aufgehoben. Das hat mit einer viel zitierten „Öffnung nach links“ wenig zu tun. Die Hälfte der CDU–Abgeordneten ist mit Sicherheit nach wie vor mit Zimmermann in der Chilenen– Frage einig. Sie werden nach Rache sinnen für den Geißler– Blüm–Putsch in der Union. Das Rückspiel wird dann im Herbst bestritten, bei neuen Koalitionsverhandlungen übers Vermummungsverbot und die Steuerpolitik. Max Thomas Mehr