Gerichtlicher Hahnenkampf beendet

■ Gockel Fredi II. darf wieder krähen / Klagender Notar übernimmt Teil der Kosten für Lärmschutzmaßnahmen / Beim Ortstermin schwieg der Hahn stille / Valium im Spiel?

Von Luitgard Koch

München/Obermenzing (taz) - „Da Gockel is mei Herzensfreund, der muaß bleibn“, verkündet die 54jährige Cäcilie Brenner mit treuherzigem Augenaufschlag den Reportern. „Meiner a“, mischt sich ihre Nachbarin, die 84jährige Käthe Nebmaier ein. Halb Obermenzing, ein ehemaliges Dorf, 15 S– Bahn–Minuten vom Münchner Marienplatz, hat sich an diesem frühen Nachmittag vor dem Haus des Ingenieurs Günther Sch. versammelt. Höchstrichterlicher Grund: Ortstermin für Gockel Fredi II. Das Oberlandesgericht wollte sich persönlich davon überzeugen, ob das „Kikeriki“ des südamerikanischen Hahns ruhestörend ist. Der vor einigen Jahren in die Dorfstraße 13 zugezogene Notar und Nachbar des Ehepaars Sch. fühlte sich durch das Krähen von Fredi gestört. Seit fünf Jahren klagt Franz K. schon gegen das Federvieh, aus Fredi I. wurde inzwischen Fredi II., und brachte es bis in die dritte Instanz Oberlandesgericht. Zuletzt entschied das Landgericht, daß Gockel Fredi von 12 bis drei Uhr eingesperrt bleibt. Doch Gockelbesitzer Günther Sch. - in Gummistiefeln, weißem Hemd und schwarzer Fliege begrüßte er die Schaulustigen vor seinem Haus - kämpfte weiter. Daraufhin wollte es das Gericht genau wissen: Im dunkelblauen Mercedes fuhren die Richter Holger Kalibe und Rudolf Brendel nebst Protokollantin vor. Unter Ausschluß der Öffentlichkeit, der Gockel sollte nicht nervös gemacht werden, begutachteten sie das „corpus delicti“. Für die versammelte Pressemannschaft von Bild bis ZDF ein arger Schlag. Das ZDF–Kamerateam postierte sich deshalb auf dem gegenüberliegenden Garagendach, und der Bildreporter stapfte nach dem Motto „ein Hausfriedensbruch muß schon drin sein“ durch den Nachbargarten. Zwei Stunden dauerte der Termin. Danach einigten sich die Streithansln auf einen Vergleich und schüttelten sich vor den Fotokameras die Hände. Fredi darf tagsüber krähen und muß nur nachts von 21 bis sieben Uhr in den Stall. Außerdem wird eine hölzerne Schallschutzwand gebaut, an deren Kosten sich der Notar beteiligt. Als hätte Gockel Fredi geahnt, was auf dem Spiel steht, gibt er in den zwei Stunden keinen Ton von sich. Böse Zungen behaupteten gar, sein Besitzer hätte ihn mit Valium ruhiggestellt. Aber Fredi ist nicht der einzige Gockel, der die Justiz beschäftigt. Ende August entscheidet das Münchner Landgericht, ob ein Neurieder Versicherungsagent seinen Gockel samt Hühner behalten darf, und wenn das Sommerloch anhält, ist die taz wieder live dabei.