OAU bleibt ohne Entschuldungsstrategie

■ Die „Organisation für afrikanische Einheit“ will erst im September eine kollektive Position gegenüber den Schuldnerländern formulieren / Es fehlt an „afrikanischer Solidarität“ / Im Konflikt zwischen Libyen und Tschad unterstützt die OAU den tschadischen Präsidenten Habre

Aus Addis Abeba Knud Petersen

Die 23. Gipfelkonferenz der „Organisation für afrikanische Einheit“ (OAU), die Mittwoch nacht in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba zu Ende ging, hat das Schuldenproblem einmal mehr vertagt: Ein neues Stelldichein der afrikanischen Staatsmänner wurde für September vereinbart. Dann soll geklärt werden, ob Afrika eine kollektive Verhandlungsposition definieren kann - die Chancen sind gering. Nachdem die OAU seit Jahren vergeblich eine Schuldenkonferenz reklamiert hat, von der weder die internationalen Finanzhüter (IWF, Weltbank) noch die westlichen Geberländer etwas wissen wollten, mußte sich die OAU dieses Jahr eingestehen, daß sie nicht einmal weiß, was sie auf einer solchen Konferenz eigentlich fordern will: Die Abschreibung der afrikanischen Schulden von 175 Milliarden Dollar? Ein Moratorium? Oder die Begrenzung der jährlichen Rückzahlungsbeträge auf 20 oder 30 Prozent der Exporterlöse eines Landes? Nach Addis Abeba ist nur Konsenz, daß die ärmste Weltregion „sanftere Bedingungen“ wünscht. Selbst wenn es im September gelänge, einen gemeinsamen Standpunkt zu finden, ist fraglich, ob eine kontinentale Schuldenregelung damit möglich würde: Zum einen, weil 175 Milliarden Dollar auf dem Internationalen Finanzmarkt nicht einmal eine „Chaos–Masse“ sind, mit der sich im Notfall etwas erpressen ließe. Zum anderen, weil die politisch „profilierten“ Länder des Kontinents im Zweifelsfall auf bilaterale Verhandlungen und „Sonderbedingung“ setzen. Um eine globale Schuldenregelung zu erzwingen, fehlt es nicht zuletzt an „afrikanischer Solidarität“. Politisch beherrschte den diesjährigen Gipfel einmal mehr der tschadische Dauerkonflikt. Der gabunesische Präsident Omar Bongo zufolge, der den Vorsitz der adhok–Kommission zur Beilegung des Grenzstreits um den Aouzou–Streifen im tschadischen Norden abgab, hat die OAU–Vermittlung keinerlei Aussicht auf Erfolg, solange Libyen seine Mitarbeit verweigert. Und Burkina Fasos Präsident Fankara will „seine guten Beziehungen zu Colonel Ghaddafi in den Dienst Afrikas zu stellen“. Unterdessen hat sich der tschadische Präsident Hissan Habre, in der äthiopischen Hauptstadt sein gutes Recht bestätigen lassen. Beinahe alle afrikanischen Regierungen verurteilen heute die libysche Politik im Tschad als unverhohlenen „Annexionismus“. Und Hissan Habres böses Wort von der „libyschen Versklavung des Tschads“ findet in vielen schwarzafrikanischen Ländern ein starkes Echo: Anti–arabische Ressentiments sind hier lebendiger denn je zuvor. Die panafrikanische Organisation will weiterhin versuchen, einen neuerlichen Waffengang im Tschad zu vermeiden, und Habre wird dem bis zu einem gewissen Punkte Rechnung tragen müssen, um sich nicht - im Lichte der afri kanischen Öffentlichkeit - ins Unrecht zu setzen. Sollten die Bemühungen der OAU freilich an der Obstruktion Libyens scheitern, kann die tschadische Regierung zumindest die stillschweigende Duldung seiner Rückeroberungspläne voraussetzen: Ob im tschadischen Norden demnächst erneut die Wüste bebt, weiß man zur Stunde aber vermutlich nicht einmal in NDjamena oder Tripoli. Gibt es eine „panafrikanische Realpolitik“? Auf dieses Frage wird die „Organisation für afrikanische Einheit“ nächstes Jahr - ein Viertel Jahrhundert nach der Gründung der OAU - eine Antwort suchen. Nach der Wahl des Zambischen Staatschefs Kenneth Kaunda zum neuen OAU–Präsidenten fürchten kritische Stimmen, daß sie sich - mangels wirklichem Konsens - im Aufbauen eines gemeinsamen Feindbildes erschöpfen könnte. Ob im panafrikanische Jubiliäumsjahr nur die Apartheidspolitik Südafrikas zur Diskussion steht oder auch die bislang sakrosankte Charta der Gründungsväter, bleibt abzuwarten. Ohne Zweifel ist es einfacher, das „Rassistenregime in Pretoria“ zu verdammen als sich auf die Unverletzbarkeit kolonialer Grenzziehung und das Abtreten von Kompetenzen an die OAU zu verständigen.