P O R T R A I T Shakespeare statt Raketen

■ Der Chef der US–Behörde für Rüstungskontrolle und Abrüstung, Kenneth Adelman, ist zurückgetreten / Der notorische Abrüstungsgegner glaubt an ein Gipfeltreffen

Berlin (taz) - Noch im April war er gegen ein Abkommen mit der Sowjetunion über den Abbau der Mittelstreckenraketen in Europa. Vor Studenten der Washingtoner Georgetown University begründete der notorische Abrüstungsgegner Kenneth Adelman seine Position: Weil die US–Regierung den selben Vorschlag schon vor fünf Jahren gemacht hatte und Adelman nicht wollte, daß der Kreml jetzt daraus Kapital schlägt. Seit seiner Kündigung am Donnerstag scheint der Chef der kleinen, aber einflußreichen US–Behörde für Rüstungskontrolle und Abrüstung Kreide gefressen zu haben: „Ich habe Präsident Reagan geholfen, einen neuen Kurs einzuleiten, der die Anzahl der Atomwaffen dramatisch reduzieren wird.“ Jetzt prohezeit er sogar ein neues Abkommen zwischen den USA und der Sojwetunion und ein Gipfeltreffen noch in diesem Jahr. Vehement widerspricht Adelmann Vermutungen, daß seine Kündigung mit Meinungsverschiedenheiten über Abrüstungsfragen in Reagans Stab zusammenhängt. Es gebe nur auch andere Dinge als Rüstungskontrolle und Abrüstung. Er wolle ab Oktober oder spätestens nach einer Vertragsunterzeichnung in einem nicht näher genannten Washingtoner Forschungsinstitut arbeiten, eine Kolumne in einer Zeitung schreiben und möglicherweise an einer Universität über Shakespeare unterrichten. Schon vor einigen Monaten soll Adelman seinen Abschied angekündigt, dann aber die Kündigung verschoben haben, um nicht den Eindruck zu erwecken, er verließe das sinkende Schiff wie einige seiner Hardliner–Kollegen. Doch Beobachter halten den Zeitpunkt der Kündigung für geschickt gewählt: Am Vorabend des einzigen Rüstungskontrollerfolges, den die Reagan–Regierung vorzeigen kann, ist das Medieninteresse groß. Reagan hatte den heute 41jährigen vor vier Jahren als Nachfolger des alt–ehrwürdigen Demokraten Eugene Rostock zum Chef der Abrüstungsbehörde ernannt, um den Kurs der Behörde enger an seine Kalte–Krieg–Politik anzupassen. Im Senat befürchtete man deshalb, daß hier der Bock zum Gärtner gemacht werden sollte, befürwortete jedoch nach intensiven Lobby– Bemühungen Reagans Adelmans Nominierung. mf