DDR–Atommüll gefährdet Trinkwasser

■ Von der DDR–Atommüll–Deponie Bartensleben droht die radioaktive Verseuchung des Helmstedter Trinkwassers / Bundesregierung und niedersächsische Landesregierung einig: Niedrig hängen

Berlin (dpa/taz) - Bei Helmstedt, dem Nadelöhr für einen Teil des west–östlichen Transitverkehrs, rumort es unter der Erdoberfläche. Wie der Spiegel in seiner neuesten Ausgabe berichtet, haben Mitarbeiter des niedersächsischen Landesamtes für Bodenforschung herausgefunden, daß dem Helmstedter Trinkwasserbrunnen „Clarabad“ von radioaktivem Grundwasser Gefahr droht. Quelle einer möglichen Verseuchung: das in einem ehemaligen Salzbergwerk nahe der Grenze gelegene DDR–Atommüll–Lager Bartensleben, das 400 Meter unter der Erde liegt. Grundwasser aus der Umgebung der Grube, so die Forscher, fließe ge nau auf das Trinkwasserreservoir der westlichen Grenzstadt zu. Bei einer radioaktiven Verseuchung sei eine Gefahr für Helmstedt „nicht ausgeschlossen“. Die DDR hat 1972 begonnen in Bartensleben schwach– und mittelaktiven Nuklearabfall (Werkzeuge, Rohre, Filterstoffe, Öle) aus den Reaktoren Greifswald, Rheinsberg, Dresden und Zittau zu deponieren. Dazu kommt strahlender Müll aus Medizin und Landwirtschaft, Industrie und Forschung. Wieviel sich bisher angesammelt hat, hüten die östlichen Radioaktivisten wie ein Staatsgeheimnis, lediglich die Art der Lagerung in simplen Tonnen oder Containern ist bekannt. Obwohl laut Spiegel Bonner Fachbeamte immer wieder um präzise Angaben über die Anlage nachsuchten, führte das Informationsdefizit bei den Bonner und niedersächsischen Regierungsstellen bisher nicht zu nachhaltigem Drängen. So räumte ein Sprecher des niedersächsischen Umweltministeriums jetzt zwar das Gefährdungspotential ein, gab aber zu, daß „die genaue Beschaffenheit unbekannt ist“. Die Bevölkerung könne sicher gehen, daß sie kein belastetes Trinkwasser bekomme. Es werde ständig kontrolliert, bisher seien keine erhöhten Werte gemessen worden. Die Beruhigungstaktik hat Methode. Schließlich will die Landesregierung nahe der Grenze bei Gorleben das bundesdeutsche Atomklo installieren. Und dieser Salzstock hat die gleiche Gesteinsformation wie das Pendant in der DDR. Helmstedts Stadtdirektor Wien bekräftigte unterdessen die Forderung nach „Einblick in die Deponie“. Es gebe Veranlassung, die Deponiepolitik der DDR aufmerksam zu beobachten. Wenn es dort einen Unfall gäbe, meinte Wien, sei nicht auszuschließen, daß sich verseuchtes Grundwasser in niederschlagsarmen Jahren in Richtung Helmstedt bewege, zumal die für diesen Fall seit rund sieben Jahren gebaute Wasserfernleitung vom Harz erst zu drei Vierteln fertiggestellt sei. bmm