Ende der Annäherung Riad–Teheran

Aus Manama William Hart

Im März dieses Jahres gab es in London mehrere Geheimgespräche. Der saudische Kronprinz und der Leiter des iranischen Kriegsstabes arbeiteten an einem Plan für einen Waffenstillstand im Golfkrieg. Saudi–Arabische Politiker erklärten in diesem Frühjahr mehrfach, ein Friede im Golfkrieg sei in greifbare Nähe gerückt. Am 14.April berichtete die Londoner Zeitung Times, Geheimverhandlungen zwischen der Islamischen Republik Iran und Saudiarabien über einen Waffenstillstand im Golfkrieg stünden kurz vor einem Erfolg. Bereits wenige Stunden später machte Khomeini mit wenigen Bemerkungen alles wieder zunichte. Er beharrte nicht nur auf der Fortsetzung des Krieges bis zum Sturz des irakischen Baath–Regimes, sondern drohte auch Leuten in den eigenen Reihen, die für Frieden waren, mit dem Fegefeuer. Dennoch zeigen die Gespräche zwischen dem saudischen Prinzen und dem Teheraner Revolutionär, daß es keine unüberwindbaren Hindernisse zwischen dem Königreich Saudiarabien und derIslamischen Republik Iran gibt. Die Saudis haben das Geld, das den Iranern fehlt und sie sind bereit, viel für einen Frieden am Golf zu zahlen. Bereits wenige Monate nach Kriegsausbruch, Ende Februar 1981, hatte PLO–Chef Yassir Arafat der iranischen Führung das erste Angebot der Saudis unterbreitet. Fast 100 Milliarden Dollar wollte das Königreich für einen Waffenstillstand im Golf zahlen. Aber auch damals wurde aus dem Plan nichts. Natürlich hatte Saudi–Arabien den Ausbruch des Krieges nicht ungern gesehen. Irak und Iran sollten sich gegenseitig schwächen. Und die Saudis haben auch zweistellige Dollar–Milliarden– Beträge in die Bagdader Kriegskasse eingezahlt. Aber es ist zu einfach, sie als treue irakische Bündnispartner hinzustellen. Bald zeigten die Saudis Interesse an einem Frieden, da sie eine Schwächung der gesamten Region durch einen jahrelangen Abnützungskrieg fürchteten. Und zwar zu Recht, wie die Entwicklung der vergangenen Kriegsjahre zeigt. Gleichzeitig gingen die Saudis auch vorsichtig auf Distanz zu Irak. Zwar wurde die Regierung in Bagdad nicht fallengelassen, aber es gab auch keine direkten Solidaritätserklärungen mehr mit deren Kriegskurs. Daß Saudiarabien eine Konfrontation mit der Islamischen Republik Iran vermeiden wollte, bewies das Königreich in der OPEC. Denn die Begrenzung der saudischen Fördermenge zur Erhöhung des Ölpreises auf 18 Dollar nützte vor allem dem nahezu zahlungsunfähigen Iran. Es war jedoch ein Fehler, auf die Dankbarkeit der Revolutionäre um Ayatollah Khomeini zu rechnen. Als sich bei den Großof fensiven dieses Jahres zeigte, daß Iran auf absehbare Zeit kein Durchbruch an der Front gelingen wird, erhöhte Teheran seinen Druck auf Kuwait. Mit den Angriffen auf die Öltransporte des Scheichtums sollten die arabischen Staaten gezwungen werden, Bagdad fallen zu lassen. Der Einsatz der US–Flotte in den Golfgewässern führte dann zu einer weiteren Bedrohung der arabischen Staaten. Nicht die US–Schiffe und von ihnen geschützte Tanker sollten künftig Ziel der iranischen Angriffe sein, sondern Industriezentren an der arabischen Küste des Golfes. Teheran nannte zwar nur Kuwait mit Namen, drohte aber allen Staaten, die Irak im Krieg unterstützten, also somit auch Saudi– Arabien. Vor diesem Hintergrund mußte die Ankündigung der Khomeinianhänger, in Mekka zu demonstrieren, auch in einem anderen Licht erscheinen. Khomeinis Beauftragter für die Pilgerfahrt, Hojatoleslam Mehdi Karrubi, hatte bei seinem Abflug am 14. Juli, also noch vor den Teheraner Drohungen gegen Kuwait erklärt: „Wir werden an die Pilger aller Länder appellieren, friedlich an zwei großen Demonstrationen teilzunehemn. Wir lernen den Islam, wie der Imam ihn uns lehrt und werden in Mekka politische Programme, Veranstaltungen und Seminare abhalten.“ War dies vor dem Hintergrund der seit Monaten bekannten Demonstrationsverbote in Mekka eine Herausforderung der Saudis, so wurde dies nach den Drohungen gegen Kuwait vor zehn Tagen zur Provokation. Bezeichnend ist, daß die erste der iranischen Pilgerdemonstrationen vor 14 Tagen in Medina noch ohne Zwischenfälle verlief. Aber am Freitag hatten die Khomeinianhänger den Bogen überspannt.