Plutonium für Neutronenbombe aus Malville

■ Plutonium–Produktion für Frankreichs Neutronenbombe mit deutscher Beteiligung geplant

Die beiden früheren französischen Verteidigungsminister Hernu und Messmer berichteten in der taz über Pläne, die französische Neutronenbombe zu bauen und sie in der Bundesrepublik zu stationieren, unter Einräumung einer „Zweischlüssel–Lösung“. Diese Bombe wird aus Plutonium hergestellt, das unter deutscher Beteiligung im Schnellen Brüter Superphenix in Malville gebrütet wird. Dies wäre ein eindeutiger Verstoß gegen den Atomwaffensperrvertrag.

Wenn Frankreich die Neutronenbombe bauen wird, dann mit bundesdeutscher Hilfe. Über die Beteiligung der Rheinisch–Westfälischen Elekrizitätswerke (RWE) am Schnellen Brüter „Superphenix“ in Malville bei Lyon ist die bundesdeutsche Unterstützung bei der Plutonium–Produktion für die Serienfabrikation der französischen Neutronenbombe gesichert. Die RWE ist seit dem westeuropäischen Schnellen–Brüter–Abkommen von 1973 mit gut 11 französischen Atommeiler „Superphenix“ beteiligt. Die besondere Eigenschaft des Schnellen Brüters ist es, nach dem Kernspaltungsprozeß in hohem Maße waffentaugliches Plutonium zu brüten. Das Plutonium des Schnellen Brüters von Malville ist für die Serienproduktion der französischen Neutronenbombe in der Tat unersetzbar. Das gilt für Qualität und Quantität. Für den Bau der Neutronenbombe braucht man viel und gutes Plutonium. „Das Charakteristikum der Neutronenwaffen ist, daß sie relativ zahlreich eingesetzt werden müssen“, erklärt der ehemalige französische Verteidigungsminister Messmer gegenüber der taz den hohen Plutoniumbedarf für den Bau der Bombe. „Man kann sich nicht mit wenigen Waffen benügen. Man ist gezwungen sofort einige hundert oder tausend dieser Waffen zu besitzen.“ Doch woher das Plutonium für soviele Bomben nehmen? Bereits 1983 hatte der französische Atomphysiker Jean– Pierre Pharabod dargelegt, daß der französische Plutoniumbedarf für die Modernisierung der „force de frappe“ zwar gedeckt werden kann, doch „vorrausgesetzt man verzichtet auf die Serienproduktion der Neutronenbombe“. Damals war „Superphenix“ noch im Bau. Pharabods Untersuchung ließ nur einen Schluß zu: Allein der Schnelle Brüter in Malville kann das Plutoniumpro blem für die Serienproduktion der Neutronenbombe lösen. Damit aber entstünde für die BRD und Frankreich ein juristisches Problem. „Superphenix“ ist ein westeuropäisches Projekt. Im Gegensatz zu Frankreich hat die Bundesrepublik den Atomwaffensperrvertrag unterzeichnet, der die militärische Nutzung der Atomernergie verbietet. „Politisch stoßen wir hier wahrhaft auf den Atomwaffensperrvertrag“, gibt Pierre Messmer zu, ohne sich jedoch große Sorgen zu machen: „Wenn wir uns eines Tages davon überzeugen, daß der Atomwaffensperrvertrag die Weiterverbreitung nicht verhindert, dann fragt man sich, wozu der Vertrag gut sein soll. Ich sehe in ihm kein bedeutendes politisches Problem.“ Mit anderen Worten: Der Atomwaffensperrvertrag steht aus französischer Sicht der militärischen Nutzung von „Superphenix“ zwar objektiv im Wege, doch würde Frankreich eher das Hindernis ausräumen, als es zu akzeptieren. Das sollte die Bundesregierung beunruhigen. Die Rheinisch– Westfälischen Elektrizitätswerke haben sich gegen den Vorwurf der möglichen Beteiligung an einer militärischen Nutzung des französischen Brüters bisher immer mit dem Einwand gewehrt, „Superphenix“ unterliege den Kontrollvorschriften der „Internationalen Atomenergie Agentur“ (IAEA) in Wien und damit dem Atomwaffensperrvertrag. Diese Position ist heute, vergleicht man sie mit den Aussagen Messmers, wenig überzeugend. Offen ist die Frage, ob die Bundesregierung auf diesem Gebiet Nachforschungen anstellen und welchen Erfolg sie dabei haben wird. So wie das französische Verteidigungsministerium heute verspricht, die Entscheidung über die Serienproduktion der Neutronenbombe in jedem Fall geheim zu halten, so wird das selbe Ministerium wohl kaum mitteilen, woher es dann das Plutonium für den Bau der Bombe bezieht. „Superphenix“ kann dann weiterhin und zur Erleichterung der Bundesregierung als „ziviler“ Reaktor gelten. Doch als „ziviler“ Atommeiler hat der „Superphenix“ ausgedient. In Frankreich wird Atomstrom im Überfluß produziert, und der aus dem Schnellen Brüter ist der teuerste überhaupt. Die umfangreichen Reparaturarbeiten, die derzeit in Malville unternommen werden, lassen sich nur noch durch eine künftige militärische Nutzung erklären. Georg Blume