Freispruch im Zwillen–Prozeß

■ WAA–Gegner vom Vorwurf des Mitführens von Waffen freigesprochen / Seit dem 30. Juni saß Ralf J. in Untersuchungshaft / Schlappe für die Staatsanwaltschaft / Zwille im Auto bleibt ohne Folgen

Aus Erlangen Wolfgang Gast

Das Erlanger Amtsgericht hat den Versuch, den Wirkungsbereich des Versammlungsgesetzes erheblich auszudehnen, gestern mit einem Freispruch gegen den angeklagten 33jährigen WAA–Gegner Ralf J. zurückgewiesen. Der Richter Dr. Kunz sprach den Angeklagten in allen Punkten frei und billigte ihm Schadenersatz für die sechswöchige Untersuchungshaft zu. Nach dem Willen von Staatsanwalt Dr. Dettenhofer hätte der Erlanger WAA–Gegner Ralf J. zu einer zehnmonatigen Freiheitsstrafe ohne Bewährung verurteilt werden sollen, weil bei einer Fahrzeugkontrolle in Erlangen am Vorabend der Großdemonstration vom 7.6.86 in dem von ihm gelenkten Wagen eine Schleuder, circa 30 Muttern, Gasfilter und eine Sturmhaube gefunden worden waren. Der Staatsanwalt hatte in seinem Plädoyer eine Indizienkette bemüht, nach der Ralf J. auf dem Weg zum WAA–Gelände unterwegs gewesen sei und es sich bei den mitgeführten Gegenständen „um eine komplette Ausstattung, die ein militanter WAA–Gegner braucht“, gehandelt haben soll. Der im Wagen aufgefundene Nitro–Verdünner hätte zudem für die Herstellung von Molotov–Cocktails dienen können. Da der Beschuldigte sich auf dem Weg zu einer Versammlung befunden habe, hätten die im Auto sichergestell ten Gegenstände damit unter das Versammlungsgesetz fallen sollen. In diesem Sinne wären es dann „gefährliche Gegenstände“ gewesen, deren Mitführen unter Strafe gestellt sei. Gegen zwei weitere Insassen des Fahrzeugs hatte die Staatsanwaltschaft Ermittlungsverfahren eingeleitet, diese später aber eingestellt. Gegen Ralf J. wurde dagegen am 15.12.86 wegen vermeintlicher Fluchtgefahr ein Haftbefehl ausgestellt. Seit dem 30. Juni saß er in Untersuchungshaft. In seiner Urteilsbegründung sah es Richter Kunz als nicht eindeutig erwiesen an, daß sich Ralf J. auf dem Weg zur Demonstration am folgenden Tag befunden habe. Es deute zwar einiges darauf hin, der Schluß könne jedoch nicht hinreichend gezogen werden. Das Fahrzeug sei zwar offensichtlich in Richtung Wackersdorf unterwegs gewesen, nach dem Aufenthalt in Erlangen hätte aber auch jemand anderes als der Angeklagte damit weiterfahren können. Weiterhin erklärte Kunz, die im Fahrzeug aufgefundenen Gegenstände ließen sich nicht eindeutig dem Angeklagten zuordnen. Immerhin hatte die Staatsanwaltschaft bei der Einstellung der beiden anderen Verfahren mit der Unmöglichkeit der Zuordnung argumentiert. Bei den Aussagen der Polizeizeugen stellte sich heraus, daß der Wagen bereits auf dem Weg von Nürnberg nach Erlangen von einem Zivilfahrzeug observiert worden war. In Erlangen erhielten dann zwei Streifenwagen den Auftrag, eine Fahrzeugkontrolle vorzunehmen und den Wagen zu durchsuchen. Gegen die beiden anderen Fahrzeuginsassen und den Halter des Fahrzeugs, die gestern vor Gericht als Zeugen geladen waren, verhängte der Amtsrichter jeweils Ordnungsgelder von 600 DM, da sie sich weigerten, vor Gericht Angaben zu machen. Die taz–Berlinredaktion sucht ab sofort eine/n Chef/in vom Dienst Wir suchen eine interventionsfreude Person mit stadtpolitischen Kenntnissen. Der Job fordert Entscheidungsfreude, Geschick im Bearbeiten von Texten, Mut zur Kontroverse und Fähigkeiten zum gestalterischen Eingreifen. Zeitungs–Erfahrung wäre gut, ist aber keine zwingende Voraussetzung. Geboten wird dagegen eine Vier–Tage–Woche und der taz–übliche Lohn. Bewerbung bitte schriftlich an die taz–Lokalredaktion, Wattstraße 11–12 1000 Berlin 65