Blüm–Mitstreiter: „Jetzt entscheiden“

■ CDU–Bundestagsabgeordneter Walter Schreiber, der Minister Blüm in Chile begleitete, fordert Entscheidung aus Bonn über die Aufnahme der chilenischen Todeskandidaten / Chiles Justizminister bestreitet Foltervorwurf / Verwirrspiel um Namen der Inhaftierten

Berlin (taz) - Der Lateinamerika–Experte der CDU/CSU–Bundestagsfraktion, Walter Schreiber, der Bundesarbeitsminister Blüm in Chile begleitete, verteidigte in einem Gespräch mit der taz den Besuch in Chile und den „Einsatz für die Menschenrechte“. Die Bundesregierung forderte er auf, „jetzt zu entscheiden, die chilenischen Oppositionellen aufzunehmen“ und ein Signal für die Menschenrechte zu setzen. Schreiber geht davon aus, „daß das Kabinett im Sinne Blüms entscheiden wird“. Der CDU–Politiker, der auch im Bundesvorstand der CDU–Sozialausschüsse (CDA) für Menschenrechtsfragen zuständig ist und zum dritten Mal in Chile war, kritisierte insbesondere Innenminister Zimmermann (CSU), der sich auf „fragwürdige Informationsquellen“ seitens der chilenischen Regierung beziehe. „Solange dieses System ein diktatorisches System ist, muß man mit offiziellen Informationen sehr, sehr vorsichtig sein“, betonte Schreiber. Die Gespräche in Chile hätten ihn darin bestärkt, „daß dort seit Jahren gefoltert wird, daß seit Jahren eine Atmosphäre der Angst herrscht und Geständnisse unter Folter zustande kommen“. Im Gegensatz dazu hat Chiles Justizminister Hugo Rosende in der Zeitschrift Quick die Foltervorwürfe in zynischer Weise bestritten. Er erklärte, daß es eine Ausnahme sei, wenn ein nervöser Beamter einmal zu weit ginge. „Dies passiert auch in anderen Ländern“, so der Minister. Im übrigen zeigte er sich erstaunt über die Erregung, die der Fall der vierzehn „Extremisten“ in der Bundesrepublik ausgelöst habe. Ihre Chance, nach Deutschland auszureisen, seien gleich null. „Ich glaube nicht an einen Gnadenakt des Präsidenten“, demonstrierte er Härte. Schließlich habe Chile eine korrekt arbeitende Justiz, ihre Entscheidungen würden respektiert. Darüber hinaus nannte er es „schlimm“, daß Politiker auf Kosten ihrer Steuerzahler durch die Welt reisten und anderen Regierungen sagten, wie sie ihr Land zu verwalten hätten. Blüm warf er erneut Einmischung in „rein chileni sche Angelegenheiten“ vor. Der Bundesminister hat inzwischen seinen Bericht über die Reise, die in Auftrag und Abstimmung mit dem CDU–Bundesvorsitzenden Kohl stattgefunden hat, wie gestern aus dem Ministerium betont wurde, bei Kanzler Kohl und Generalsekretär Geißler abgeliefert. Eine Stellungnahme war gestern dazu nicht zu erhalten. Daß insbesondere die „katholische Basis“ der Christdemokraten hinter dem Kurs von Blüm und Geißler steht, machte erneut eine Stellungnahme des Bundes der Deutschen katholischen Jugend (BDKJ) deutlich. Fortsetzung auf Seite 2 Interview und Presse–Echo in Chile auf Seite 5 Sie forderten ebenfalls eine rasche Entscheidung für die Aufnahme der Chilenen und bedankten sich bei Blüm für seine „deutlichen und mutigen Worte“. Mit einem Verwirrspiel um die Namen der 15 inhaftierten Oppositionellen reagiert derzeit das Pinochet–Regime auf den internationalen Protest gegen die Folterpraktiken. Während bereits am letzten Donnerstag die chilenische Regierungszeitung La Na tion die Namen der 14 von der Todesstrafe bedrohten Gefangenen korrekt wiedergab, ließ die chilenische Regierung in Bonn anfragen, um welche Gefangenen es sich denn eigentlich handeln würde. Zwei der angeblich inhaftierten Frauen seien bereits seit 1983 auf freiem Fuß. Diese Information ist jedoch nachweislich falsch. Die Frauen, Miriam Ortega und Cecilia Radrigan, befinden sich seit 1981 im Gefängnis San Miguel in Santiago, die männlichen Gefangenen zum Teil im Zuchthaus „Penitenciaria“ sowie im „Carcel Publica“, ebenfalls in Santiago. Der Fünf zehnte, Abraham Bustos, befindet sich im Gefängnis San Filipe in der Nähe von Valparaiso. Die Angaben wurden jetzt erneut auf Anfrage der taz von den Rechtsanwälten der chilenischen Menschenrechtsorganisation „CODPU“ bestätigt. Santiago de Chile (dpa) - Chiles größte Oppositionspartei, die Christdemokraten, haben eine neue Führung gewählt, mit der sie sich auf den Machtwechsel vorbereiten wollen. Neuer Präsident wurde der ehemalige Senator Patricio Aylwin (69), für den sich 55,2 Prozent der Delegierten als Nachfolger für den früheren Außenminister Gabriel Valdes entschieden. Er hatte nach fünfjähriger Amtszeit nicht mehr kandidiert. In ersten Kommentaren der südamerikanischen Presse hieß es am Montag, der konservative Flügel habe die Kontrolle über die Christdemokraten gewonnen. Nach diesen Berichten tritt Aylwin eher für einen Dialog mit den Militärs und Präsident Augusto Pinochet ein. Sein dem liberalen Flügel zugerechneter Gegenkandidat, Ricardo Hormazabal, konnte nur 39 Prozent der Stimmen bei dem Parteitag am vergangenen Sonntag auf sich vereinigen. bmm/time