Selbstverständlichkeiten

■ Die Grünen und die Chilenen

Grüne Spitzenpolitiker werfen in einer Presseerklärung den „Altparteien“ vor, daß sie die Chilenen „zu einem bloßen Aufhänger für innenpolitische Prügelszenen und zu Profilierungsversuchen“ benutzen. Sicherlich geht es im Unionslager längst nicht mehr um die Chilenen. Aber worum geht es den Grünen bei ihrer Einladung an die Angehörigen? Es ist absurd, sich darüber aufzuregen, daß Politiker sich über Menschenrechtsfragen profilieren. Sie tun es viel zu selten, und die Grünen versuchen mit ihrer Einladung nichts anderes. Denn letztlich hatten die Angehörigen durch den Blüm–Besuch bereits alle Publizität. Unangenehm stößt die Argumentation der Grünen auf. Statt Blüm in seinem Engagement für die Menschenrechte zu loben, wird er mitsamt den „Altparteien“ entlarvt. Dabei wäre es wünschenswert, sie würden sich dagegen verwahren, daß die Frage des politischen Asyls entlang dem Foltervorwurf diskutiert wird. Dabei müßte es doch klar sein, daß die Chilenen seit dem 11. September 1973, seit dem blutigen Putsch der Militärs gegen eine demokratisch gewählte Regierung, hier politisch Asyl erhalten müßten. Wozu bedarf es da noch erwiesener Folter? Die Grünen sollten der Öffentlichkeit erklären, warum dort bewaffnete Gruppen gegen die Diktatur kämpfen und warum dieser Kampf etwas grundsätzlich anderes ist, als etwa derjenige der RAF hier. Sie müßten es als ihre Aufgabe ansehen, in der Öffentlichkeit etwas Selbstverständliches klar zu machen: Daß die Menschenrechte in Chile nicht hergestellt sind, solange dort die Putschisten an der Macht sind. Max Thomas Mehr