Je mehr Tote, desto begehrter der Orden

■ Das „Deutsche Ordensmuseum“ in Lüdenscheid ist der Werbehit eines rührigen Herstellers in dieser Branche / Verdienstkreuze von der Konkurrenz / Geschätzt sind Auszeichnungen für Schlachten mit wenig Überlebenden

Von Corinna Kawaters

Lüdenscheid (taz) -Alte Orden sind ein genauso begehrtes Sammlergut wie Briefmarken, Münzen oder Bierhumpen. Mancher Sammler läßt sich eine besondere Rarität bis zu 60.000 Mark kosten. Hunderte in– und ausländische Ehrenzeichen, alte wie neue, zeigt das Lüdenscheider „Deutsche Ordensmuseum“, das im Mai eröffnet wurde. Diese größte Privatsammlung, die in Deutschland der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde, wird von einem „Freundes– und Förderkreis“ geführt und bestückt. „Bono servire“, dem Guten dienen, und „deutlich machen, daß Orden Kulturgeschichte bedeuten“, wollen die beiden Museumschefs Jörg Nimmergut, Vorsitzender des Freundeskreises, und Gottfried Conze - letzter dient neben dem „Guten“ der Firma Deumer als Geschäftsführer, einem der großen Hersteller für Orden in Lüdenscheid. Die Deumer GmbH hat dem Museum die ehemalige Villa des Firmengründers zur Verfügung gestellt. Gleich im Parterre werden die verschiedenen Variationen des Bundesverdienstkreuzes präsentiert. Den dicksten Orden, das „Großkreuz“ mit acht Zacken, hat seit der Stiftung dieser Auszeichnung durch Präsident Theodor Heuss 1951 nur Bundeskanzler Konrad Adenauer bekommen. Eine einfachere Variante dieser Ehrenbezeugungen oder eine ähnliche Auszeichnung eines der Bundesländer haben seither 155.000 Bürger erhalten, und jährlich werden es 7.000 mehr. Gelegentlich werden Orden wieder abgelehnt. So mußte Bundespräsident Heinemann 20 Orden wieder zurücknehmen, die aus Protest gegen dessen Unterschrift unter das Änderungsgesetz zum § 218 zurückgegeben wurden. Vom Zeichen der Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft bei den geistlichen Ritterorden entwickelte sich die Ehrenzeichen–Kultur zur „Auszeichnung für alle“. Napoleon überraschte seine Zeitgenossen als erster damit, daß er den Orden der Ehrenlegion einem Tapetenfabrikanten verlieh. Und eine Sammler–Anekdote berichtet vom Schock für die ordensverwöhnten Offiziere des Kaiserreichs, als 1919 die Weimarer Reichsverfassung ein totales Ordensverbot erließ. Stattdessen wurden Mokkatäßchen als Ehrenzeichen ausgegeben. Aus Protest dagegen soll der kolumbianische Botschafter bei einem offiziellen Anlaß mit einem dieser Täßchen am Revers erschienen sein. Anerkennung und Respekt sollen die Orden vermitteln oder historische Ereignisse markieren. Meist handelt es sich hierbei um Kriege oder Schlachten. Ein Museumsbesucher, Ordens–Experte aus Menden, erklärt den Sammler–Reiz der Exponate aus dem Deutsch–Französischen Krieg von 1870/71: Auf roten Bändchen sind Metallschildchen mit den Namen französischer Städte befestigt, Orte, an denen Schlachten stattgefunden haben. Manche Städtenamen sind sehr selten und daher in Sammlerkreisen begehrt: Es sind die Schlachten–Orte, von denen kaum jemand zurückgekehrt ist. Für die Deumer GmbH ist das Museum in der Jugendstilvilla des Firmengründers ein gut plazierter Werbeeinsatz auf einem heißumkämpften Markt. Vereine von Schützen über Kegler bis zu Karnevalisten, die Feuerwehr, der Kirchentag, die Parteien, die Handelskammer, alle Sportler schätzen Orden oder Medaillen - der Kundenkreis scheint groß und breitgestreut. Deumer–Geschäftsführer Conze möchte seine Firma zum Marktführer machen. Doch die Konkurrenz schläft nicht und läßt unter anderem preiswert in Taiwan produzieren. Und noch etwas piekt Herrn Conze: Das Bundesverdienstkreuz wird nämlich von Lüdenscheids anderem großen Hersteller fabriziert, der Firma Steinhauer und Lück.