Recht bekommen und doch gekündigt Gewissen im Betrieb unerwünscht

■ Bundesarbeitsgericht verwarf die fristlose Entlassung eines Druckers, der sich geweigert hatte, Prospekte für Nazi–Literatur zu drucken / Arbeitgeber kündigte ihn daraufhin erneut

Berlin (taz) - Kaum hatte Dieter Schlichting seinen Arbeitsplatz in der Itzehoer Druckerei „Nord– Offset Sonntag & Wackholtz KG“ wieder eingenommen, sah er sich erneut gekündigt. Zum 31. August soll er seinen langwierig erstrittenen Arbeitsplatz wieder verlassen, aus „betrieblichen Gründen“, wie es in dem Kündigungsschreiben heißt. „Diese Kündigung ist ein Skandal“, empört sich die Industriegewerkschaf Druck und Papier in einer Erklärung ihres Landesbezirks Nord. „Brauchen Arbeitgeber sich nicht an geltendes Recht zu halten?“, so die Frage der Gewerkschafter. In der Tat drängt sich diese Frage angesichts der Vorgeschicher der jüngsten Kündigung auf. Dieter Schlichting war vor mehr als fünf Jahren von seiner Firma fristlos entlassen worden, weil er sich geweigert hatte, Prospekte für kriegs– und naziverherrlichende Bücher zu drucken. Die mit Unterstützung der IG Druck betriebene Kündigungsschutzklage wurde zunächst in den unteren Instanzen von den Arbeitsgerichten abgewiesen. Schließlich bekam Schlichting doch vor dem Bundesarbeitsgericht in Kassel recht: Seine Gewissensgründe für die Verweigerung des Arbeitsauftrags wurden als berechtigt anerkannt, die Kündigung als rechtsunwirksam erklärt. Kürzlich trat er dann nach dem mehr als fünfjährigen Irrweg durch die deutsche Arbeitsgerichtsbarkeit seine Arbeit wieder an. Das Verhalten des Arbeitgebers spricht nach Meinung der IG Druck und Papier jeder Rechtstaatlichkeit Hohn. Schlichting selbst will auch gegen die neue Kündigung angehen. Die Gewerkschaft hat ihm erneut Rechtsschutz zugesichert. marke