K O M M E N T A R Blindwütig

■ Zum Gerichtsbeschluß gegen Jünschke

Fast auf den Tag genau 15 Jahre nach seiner Verhaftung erwirkte eine Strafvollstreckungskammer in Rheinland–Pfalz jetzt gegen den Ex–RAFler Klaus Jünschke einen Beschluß, der Schlimmes für die Zukunft erwarten läßt. Zum ersten Mal entschied ein Gericht darüber, ob ein zu Lebenslänglich Verurteilter RAF–Täter nach der gesetzlich vorgesehenen Mindeststrafe von 15 Jahren auf Bewährung entlassen wird. Das Nein des Koblenzer Landgerichts ist dabei in mehrfacher Hinsicht ein gefährliches und falsches Signal. Zunächst einmal trifft es einen der wenigen, der seit Jahren ohne Scheu vor Kritik und Selbstkritik mit der eigenen RAF–Geschichte öffentlich abgerechnet hat und auch mit der heute noch agierenden RAF hart ins Gericht geht. Zum anderen wurde Klaus Jünschke aufgrund von Indizien wegen Mordes verurteilt, die in einem „normalen“ Fall kaum ausgereicht hätten. Zeugen hatten ihn lediglich Tage vor der Tat in der Stadt gesehen und später wurden in einer konspirativen Wohnung seine Fingerabdrücke gefunden. Nun soll hier keinesfalls dafür argumentiert werden, daß bei eindeutigem Tatnachweis eine Ablehnung der vorzeitigen Entlassung gerechtfertigt gewesen wäre, nur die Begründung der Kammer, die ihn als Teilnehmer einer gnadenlosen „Hinrichtung“ eines Polizeibeamten sieht, ist angesichts der dürftigen Beweislage ein Skandal. Klaus Jünschke wird sicherlich in ein oder zwei Jahren entlassen werden. Der jetzt gegen ihn ergangene Beschluß jedoch wird Wirkung weit über ihn selbst hinaus haben. Er signalisiert, daß es keine Versöhnung geben soll, daß die Justiz kein Interesse hat an einer politisch längst machbaren Lösung des RAF–Problems. Dieser Beschluß ist ein Sieg der Hardliner auf beiden Seiten. Rebmann und die RAF werden sich darüber freuen. Max Thomas Mehr