Müllofen „sauber“ eingeweiht

■ „Sanierte“ Müllverbrennungsanlage offiziell in Frankfurt in Betrieb genommen / Nach Berechnungen der Grünen gibt es wahrscheinlich jetzt doppelt soviel Schadstoff–Ausstoß / Honoratioren feiern mit „Äbbelwoi“

Von Michael Blum

Frankfurt (taz) - Der 100 Meter hohe Schornstein kündet schon von weitem von der nach der Modernisierung und Erweiterung „größten Abfallverbrennungsanlage für Hausmüll in der Bundesrepublik“. Frankfurts Oberbürgermeister Wolfram Brück zele brierte voller Stolz, von Umweltminister Weimar begleitet, die Einweihung der wegen ihrer Umweltverträglichkeit umstrittenen Anlage mit einem gegen den Kessel der Anlage geschütteten Glas Apfelwein. In halbstündiger Rede rühmte er die Vorteile der neuen Anlage: Die eingehende Müllmenge werde um ca. 90 Prozent reduziert. Es werde für 42.000 Haushalte Energie gewonnen und schließlich sei die Umweltbelastung durch die neue Rauchgaswäsche erheblich gesenkt worden. Nach Berechnung der Grünen vor Ort ist aber genau das Gegenteil der Fall: Die Rauchgase werden von insgesamt 1,08 Mrd. Kubikmeter in 1986 auf 2,52 Mrd. im Jahr steigen, die Stickoxide allein von 323 Tonnen auf 756. Um die Umweltverträglichkeit zu beweisen, habe die Stadt bisher immer nur relative Emmissions–Daten statt der absoluten Schadstoffmengen genannt. Brück zufolge werden auch sämtliche Dioxine verbrannt, der so dioxin–freie Filterstaub werde zu der Sondermülldeponie Herfa–Neurode gebracht. Aber auch hier lügt sich nach Meinung der Grünen Brück in die eigene Tasche. Dioxion sei keineswegs bei der Arbeitstemperatur von 800 Grad rückstandsfrei zu verbrennen, dazu wären mindestens 1.400 Grad erforderlich. Zudem koste der Filterstaub– Transport täglich 40.000 DM, die bei den Renovierungskosten von 270 Mio. DM eher als Beigabe erscheinen mögen. Für den Magistrat war dieser Betrag aber ein Grund, die Müllgebühren mit der Inbetriebnahme um 15 Prozent anzuheben. „Sauber Sauber“ ist auf einem 36 Quadratmeter großen, blauen Transparent zur Einweihung am Kessel zu lesen. Nach Ermittlung der Grünen werden in diesen Kessel jedoch jährlich ca. 5.000 Tonnen hochtoxischen Sondermülls wandern. Die 150 geladenen Honoratioren ließen sich davon jedenfalls den Appetit bei einer echten „Frankfurter Brotzeit“ nicht nehmen. Eingerahmt von blauen Kunststoff–Mülltonnen mit reicher Blumen– und Baumbepflanzung gab es stilecht Apfelwein zum Richtspruch: „Sie schafft weg den Frankfurter Dreck ... mit Äbbelwoi wolle mer se tauffe.“ Die Anwohner, die künftig von täglich 560 anliefernden Müll– LKWs gestört werden, sind erst am Wochenende zum „Tag der offenen Tür mit Speis und Trank“ geladen.