Senat fällt Urteil über Hafenstraße

■ Heute entscheidet der Hamburger Senat über einen von Dohnanyi und den Hafenstraßen–Anwalt überraschend ausgehandelten Kompromiß / Kommt es zur Ablehnung, stehen harte Zeiten an

Aus Hamburg Kai von Appen

In der Auseinandersetzung um die Zukunft der besetzten Häuser in der Hafenstraße von St. Pauli ist ein Kompromiß in greifbare Nähe gerückt. Voraussetzung ist allerdings, daß der Hamburger Senat auf seiner heutigen Sitzung ein zwischen Bürgermeister Klaus von Dohnanyi und Hafenstraßenanwalt Rainer Blohm ausgehandeltes Vertragswerk billigt. Während die BewohnerInnen das Abkommen akzeptierten, ist auf Senatsseite vor allem mit dem Widerstand von Innensenator Pawelczyk zu rechnen, der gegen eine friedliche Lösung ist. Und das sieht der Kontrakt vor: - Alle acht Häuser werden einem von den BewohnerInnen zu gründenden „Verein Hafenstraße“ in Form eines Pachtvertrages übergeben. - Dieser Verein, dem auch drei Senatsbeauftragte angehören sollen, schließt mit den jetzigen BewohnerInnen unter eigener Regie Mietverträge auf der Basis des sozialen Wohnungsbaus ab. - Der Pachtvertrag läuft fünf Jahre und kann vom Verein einseitig verlängert werden. - Der Senat zahlt bis zu drei Viertel der notwendigen Instandsetzungsarbeiten. - Die Instandsetzung und -haltung wird vom Verein durchgeführt. Dies gilt vor allem für Au ßengestaltung und den Aufbau von Kommunikationszentren. - Die Häuser werden unverzüglich wieder an das Stromnetz angeschlossen. - Die BewohnerInnen verpflichten sich, innerhalb von sechs Wochen die Befestigungsmaßnahmen zu demontieren. In dieser Zeit finden keinerlei Begehungen, Räumungen oder Besichtigungen staatlicher Stellen statt. Danach werden sämtliche Räumungstitel den BewohnerInnen zurückgegeben. Mit diesem Vertragswerk nimmt die Auseinandersetzung eine überraschende Wende. Noch am vergangenen Donnerstag hatte der Senatsvorsteher ein Neun–Punkte–Programm vorgelegt, das von den Hafensträßlern als nicht–akzeptabel zurückgewiesen wurde. Offenbar unter dem Druck der gegen Dohnanyi in Gang gesetzten Medienkampagne (“Dohnanyi verhandelt mit der RAF“), drang der Regierungschef auf eine einvernehmliche Lösung, die beiden Seiten Zugeständnisse abverlangte. Inzwischen steht fest, daß diese Hetzkampagne, die durch das TV–Magazin Hamburg–Journal eingeleitet wurde, von der Pawelczyk–Behörde initiiert worden ist. Wie berichtet, hatte das Magazin aus der Tatsache, daß eine Bewohnerin der Hafenstraßen–Verhandlungsdelegation 1978 an einer RAF–Solidaritätsaktion teilgenommen hatte, abgeleitet, daß die Häuserzeile ein „Nest der RAF“ sei. Entsprechendes Material stammte direkt aus der Polizeizentrale und den Ordnern des VS. Die heutige Senatssitzung könnte daher für den Regierungschef nicht nur zu einer Bewährungsprobe werden, sondern zudem bei einer Ablehnung des Vertrages zu einer Eskalation in der Stadt führen. Denn ebenfalls heute wird die Stadt den letzten offenen Räumungstitel in der Hand halten, so daß theoretisch ein Abriß sofort vollzogen werden könnte. Daher richten sich die BewohnerInnen, ungeachtet eines möglichen Vertragsabschlusses, für heute auf die Verteidigung der Häuser ein.