Theaterereignis am Rande

■ Vom weltweit größten Festival freier Theatergruppen im schottischen Edinburgh, dem „Festival Fringe“, berichtet ab heute in regelmäßiger Folge Klaus Nothnagel

Das ganze Jahr über ist Edinburgh ungefähr wie Lübeck: Windig, nieselig, ein paar Touristen begutachten die Burg, ein paar Rucksacktouristen schlurfen durch die Innenstadt, ein paar Kilometer weiter wogt das Meer. Es gibt Galerien, es gibt ein Theater und eine Handvoll Kinos - aber eine Kulturmetropole ist es nicht. Eines allerdings unterscheidet Edinburgh von Lübeck: Im August wacht die schottische Hauptstadt auf. Gäste reisen ein, vom Kontinent, aus Übersee, aus der Dritten Welt. Schließlich findet ein „offizielles“ Festival statt, mit Orchestern, Ballett und Gastspielen großer Bühnen, dieses Jahr aus der UdSSR. Aber das Ereignis ist das Edinburgh Festival Fringe, das seit seiner Gründung 1947 allmählich zum weltweit größten Festival für freies Theater, Musik und Cabaret geworden ist. „Fringe“ bedeutet Rand, und obwohl das Festival immer mehr professionelle Produktionen einlädt, ist es immer noch abseits offizieller Kultur. Der „Fringe Club“ in der Nähe der Burg ist vor allem Kommunikationszentrum: Ein Restaurant bietet billiges Essen, Übernachtungsmöglichkeiten werden am schwarzen Brett ausgehängt, die Kulturveranstaltungen haben meist den Charakter riesiger Feten. Einer der wichtigsten Spielorte sind die „Assembly Rooms“, die dieses Jahr ihren 200. Geburtstag feiern und seit sieben Jahren als eine derjenigen Fringe–Spielstätten bekannt sind, für die eine besonders strenge künstlerische Auswahl getroffen wird. Das Haus hat fünf Spielstätten für 50.000 Zuschauer, in denen rund um die Uhr etwa 600 Vorstellungen gezeigt werden. Die Künstler kommen aus zwölf verschiedenen Ländern, die meisten aus englischsprachigen. Ein beliebter Künstlertreffpunkt ist „The Gilded Balloon“, Restaurant, Kneipe und Galerie in einem, mit zwei Theaterräumen. Die Renaissance der Bühnenkomik im United Kingdom, die seit einigen Jahren neue Stars hervorbringt, ist überall zu spüren, am deutlichsten in einer Spielstätte namens „The Comedy Boom“. Von diesen und einigen anderen Orten des Festival Fringe wird ausführlicher die Rede sein bis zum 31. August. Vieles wird unerwähnt bleiben, denn insgesamt gibt es 144 Spielstätten, und fünf Vorstellungen pro Tag sind auch für den neugierigsten Berichterstatter genug ... Nächstes Mal aus Edinburgh: Drei Frauenproduktionen von höchst unterschiedlicher Art und Qualität