Hamburgs Koalition perfekt

■ SPD und FDP über Sachfragen und Senatorenposten einig / Senatswahl am 2.September / FDP–Chef von Münch wird Kultur– und Wissenschaftssenator

Aus Hamburg N. Hablützel

Die erste sozialliberale Regierungskoalition nach der Bonner Wende ist perfekt. Klaus von Dohnanyi, Hamburgs alter wie neuer erster Bürgermeister, und FDP–Chef Ingo von Münch, ewig lächelnder Wahlsieger, verkündeten die frohe Botschaft am Samstag abend. Über drei Monate hatten die beiden samt Delegationen verhandelt. Was die Sachfragen angeht, sind Ergebnisse im einzelnen bislang Verschlußsache. Ingo von Münch darf sich getrost als Sieger fühlen. Der 55jährige Professor für Öffentliches Recht wird Senator der beiden bisher getrennten Behörden für Wissenschaft und Kultur. Ein doppelter Grund zur liberalen Schadenfreude: Die Sozialdemokraten hätten dem zum Publikumserfolg aufgestiegenen Newcomer gerne das Innenressort aufgehalst. Der liberale Touch wäre mit den schweren Jungs von der Hamburger Polizei rasch dahin gewesen, so das Kalkül, aber Ingo von Münch setzte sich durch und beerbt nun, pikant genug, auch noch seine ehemalige Parteigenossin Helga Schuchardt. Die entschieden sozial–liberal eingestellte ehemalige Hamburger Bundestagsabgeordnete war zu Zeiten der Bonner Wende aus der FDP ausgetreten und von Hamburgs regierenden Sozis als parteilose Kultursenatorin berufen worden. Helga Schuchardt hatte schon vor der Wahl angekündigt, sie könne „aus persönlichen Gründen“ nie wieder mit FDP–Mitgliedern am Regierungstisch sitzen. Sie scheidet aus, offen ist bislang, wer neuer Innensenator wird. Der bisherige Amtsinhaber Alfons Pawelczyk, nach dem „Hamburger Kessel“ kommissarisch berufen, möchte in seine Bonner Hamburg–Vertretung zurückkehren. Als Mann der wirtschaftsliberalen Wende wird der 48jährige Ex– Chef der Hamburg–Werbung, Wilhelm Rahlfs, in den neuen, nach FDP–Wunsch von 14 auf zwölf Plätze reduzierten Senat einziehen. Wilhelm Rahlfs übernimmt das Wirtschaftsressort und vollendet damit seine unterbrochene Karriere in eben dieser Behörde. Der Beamte hatte es dort unter den Sozialdemokraten nie weiter als zum Koordinator des Flughafenausbaus oder zum Leiter der Gartenbauausstellungen gebracht. „Federn haben alle lassen müssen“, erklärte Ingo von Münch, vor allem aber die Sozialdemokraten. Fortsetzung auf Seite 2 Kommentar auf Seite 4 Der vor der Wahl werbewirksam angekündigte Ankauf der Neue– Heimat–Wohnungen muß neu verhandelt werden, die Gewerbe steuer wird gesenkt. So weit bekannt, sollen die Gaswerke wenigstens teilweise privatisiert werden. Auch der rechte Flügel der Sozialdemokraten ist geschockt: Ausgerechnet der Rechtsprofessor von Münche rettete Dohnanyis Hafenstraßen–Vertrag, den die Senatsrechten zuvor als glatte Ka pitulation des Rechtsstaates abgelehnt hatten. Mit Hilfe der FDP will Hamburg außerdem ein kommunales Wahlrecht für Ausländer erreichen, ein seit Jahr und Tag von den Parteirechten torpediertes rotes und grünes Wahlversprechen. Am 2.September soll die Bürgerschaft den neuen Senat wählen. Er darf auf 63 der 120 Stimmen rechnen. Während der zwei vorangegangenen Legislaturperioden waren die Liberalen an der 5–Prozent–Hürde gescheitert. Deshalb gehört zum Koalitionspaket auch eine Änderung des Hamburger Wahlrechts zugunsten der kleinen Parteien.