Boom bei Zeitarbeit

■ Konjunkturaufschwung und Personalabbau fördern Zeitarbeit / Strategisches Ziel: Tarifverträge

Hamburg (dpa/taz) - In der Regel ist er männlich, nicht älter als 35 Jahre, ledig, hat mittlere Reife oder Abitur sowie eine abgeschlossene Berufsausbildung und kommt aus einem Fertigungsberuf. Hiermit wird nicht etwa der Stolz der deutschen Gewerkschaftsbewegung, ihr Facharbeiter–Kern, beschrieben. So sieht das Institut der deutschen Wirtschaft (Köln) den typischen Zeitarbeitnehmer. Obwohl die Zeitarbeit in den letzten beiden Jahren mit Zuwachsraten von 40 bis 50 Prozent einen Rekordboom erlebte, führt sie faktisch ein Schattendasein. Nur 0,3 Prozent aller Arbeitskräfte in der Bundesrepublik sind legale Leiharbeiter. Noch in den 60er Jahren galt der Verleih von Arbeitskräften als private Arbeitsvermittlung und war deshalb gesetzlich verboten. 1967 hob das Bundesverfassungs gericht das Verbot auf. Erst der konjunkturelle Aufschwung und neue Personalstrategien der Entleiher half der Leiharbeit in den letzten drei Jahren auf die Beine. „Derzeit verfügen die Zeitarbeitsunternehmen über rund 80.000 überbetriebliche Arbeitsplätze, die von rund 200.000 Personen besetzt werden“, erklärt Lothar Lemper, Pressechef des Bundesverbandes Zeitarbeit (BZA). Im BZA sind rund 80 deutsche Zeitarbeitsfirmen organisiert, darunter die Branchenführer Adia Interim (Hamburg), die Rummler–Gruppe (Köln), Randstad (Eschborn) und Manpower (Frankfurt). Branchenumsatz 1986: drei Milliarden DM. Schwarze Schafe in der eigenen Branche und illegale Verleiher prägen das Image der Zeitarbeit. Doch die seriösen Zeitfirmen gehen in die Offensive. „Wir wollen, daß Mindestarbeitsbedingungen verbindlich für alle Mitgliedsunternehmen in die Satzung kommen“, sagt Lemper. Dazu gehören gestaffelte Mindestlöhne nach Qualifikation ebenso wie ein Jahresurlaub von 24 Arbeitstagen, Urlaubsgeld und vermögensbildende Maßnahmen für die Zeitarbeiter. Leistungen, die die großen Verleihfirmen schon heute gewähren. Die Arbeitskräfteverleiher wollen so die DGB–Gewerkschaften in Zugzwang bringen. Denn noch immer lehnen es diese Gewerkschaften ab, mit dem BZA einen Tarifvertrag abzuschließen - sehnlichstes Ziel der seriösen Firmen, würde er doch das Ansehen in der Öffentlichkeit heben. Stattdessen fordert der DGB das völlige Verbot von Leiharbeit. Bisher konnte nur ein Tarifvertrag mit der Deutschen Angestellten– Gewerkschaft (DAG) abgeschlossen werden. geo