Millionverluste für Südafrikas Bergbaukonzerne

■ Verhandlungen zwischen Gewerkschaft NUM und dem größten südafrikanischen Bergbaukonzern wegen der Polizeiübergriffe / Neue Lohnverhandlungen von Arbeitgebern weiterhin abgelehnt / Gewerkschaft meldet inzwischen 340.000 streikende Kumpel

Von Hans Brandt Johannesburg (taz) - Vertreter der schwarzen Bergarbeitergewerkschaft NUM und des größten südafrikanischen Bergbaukonzerns, Anglo American Corporation (Anglo), haben am Montag in Johannesburg darüber verhandelt, wie die gewalttätigen Auseinandersetzungen auf den vom Bergarbeiterstreik betroffenen Gold– und Kohleminen verhindert werden können. Es waren die ersten Verhandlungen zwischen Gewerkschaft und Arbeitgebern seit Beginn des Streiks vor neun Tagen. Ersten Schätzungen zufolge at der Streik die Arbeitgeber bisher 90 Mio. Rand (ca. 81 Mio. Mark) gekostet, also etwa 17 Mio. Rand (15 Mio. Mark) pro Tag. Die NUM schätzt, daß sich 340.000 Kumpel an dem Streik beteiligen. Der Arbeitgeberverband im Bergbausektor spricht von 230.000 Streikenden. Seit Beginn des Streiks sind etwa 240 Kumpel zum Teil schwer verletzt und etwa 200 Gewerkschafter verhaftet worden. Am Wochenende sollen mehr als 150 Streikende verletzt worden sein. NUM–Generalsekretär Cyril Ramaphosa sagte am Vorabendder Verhandlungen, daß Anglo American „endlich zur Besinnung gekommen“ sei. Die Gewerkschaft hatte dem Konzern in der vergangenen Woche vorgeworfen, den Streik mit Hilfe der Polizei brechen zu wollen. Die Verluste der Minenindustrie durch den Streik haben der „Labour Monitoring Group“, einer Gruppe unabhängiger Beobachter zufolge, schon jetzt 60 Prozent der Mehrkosten der von der NUM geforderten 30prozentigen Lohnerhöhung erreicht. Sie würde etwa 150 Mio. Rand mehr kosten als die von der Minenkammr angebotete 15 bis 23prozentigen Erhöhung. Die Arbeitgeber weigern sich weiterhin, über Lohnfragen zu verhandeln. Verhandlungen über Sozialleistungen sollen jedoch möglich sein. Indessen bleibt die Situation in den Bergwerken gespannt. Zwei Bergwerke hatten mit der Schliessung gedroht, wenn die Kumpel bis gestern nicht an den Arbeitsplatz zurückgekehrt seien. Ein ähnliches Ultimatum läuft heute bei einer weitern Goldmine ab. Der erste Solidaritätsstreik von Chemiearbeitern, die in den Werken desSasol–Konzerns aus Kohle Benzin herstellen, begann Angaben der Werksleitung zufolge gestern nicht wie geplant. Solidaritätsstreiks sind verboten. Der legale Sasol–Streik geht deshalb formal um die Anerkennung von Feiertagen am 1. Mai und 16. Juni. Jährlich werden etwa 25 Mio. Tonnen Kohle (ca. 15 Prozent der Gesamtproduktion) zu Petroleumprodukten verarbeitet. Auch Transportarbeiter könnten demnächst den Export von Kohle durch einen Streik lahmlegen. Kommentar Seite 4

Drei der 19 Bergarbeiter, die am letzten Donnerstag verletzt wurden, als die Polizei mit Tränengas und Gummigeschossen gegen streikende Arbeiter vorging Foto: ap