Heß beging Selbstmord Geteilte Reaktionen auf Tod

■ Der „Stellvertreter des Führers“ hat nach einer Meldung der britischen Militärregierung im Spandauer Kriegsverbrechergefängnis Selbstmord begangen

Berlin (taz) - Der am Montag im Kriegsverbrechergefängnis Spandau verstorbene Rudolf Heß hat offenbar Selbstmord begangen. In einer Erklärung der britischen Militärregierung in Berlin hieß es, ein Wärter habe Heß mit einem Elektrokabel um den Hals entdeckt, nachdem er sich wenige Minuten unbeaufsichtigt im Garten des Gefängnisses aufgehalten hatte. Eine Autopsie soll die genaue Todesursache klären. Während es für das bürgerliche Deutschland „zur Tragik dieses Mannes gehört, daß er nicht im Kreise seiner Familie sterben konnte“ (Berlins Senatssprecher Winfried Fest), ist das Ausland erleichtert, daß Heß in Haft starb. So werde nach Meinung des Direktors der „Anti–Diffamation– League“ „dem schändlichen Kapitel Holocaust“ ein Ende gesetzt. Ein Mitglied der Leitung des Jüdischen Weltkongresses, Elan Steinberg, hielt hingegen den „Schatten der Nazi–Ära“ für sehr real. Er verwies auf die „Ereignisse der jüngsten Monate mit Klaus Barbie, Kurt Waldheim und John Demjanjuk“. Neonazis in Hannover, Braunschweig und Oldenburg verlängerten diesen Schatten. Sie forderten „Rache für Heß“. Die NPD feierte Heß als „Symbol der besiegten Deutschen“. AL und Grüne warnten davor, ihn zum Märtyrer hochzustilisieren. Während die Bundesregierung sich nicht äußern wollte, erklärte FDP–Präsidiumsmitglied Brunner, Heß habe „ein trauriges Stück Geschichte“ geschrieben. Aus „humanitären Gründen“ habe man ihn zu seiner Familie entlassen sollen. Beate Klarsfeld bezeichnete seinen Tod in Haft hingegen als „passend“. In Freiheit wäre Heß eine Medien–Attraktion geworden, „die sich mehr für die Monster als für die Opfer interessieren“. bmm Bericht auf Seite 5 Kommentar auf Seite 4