Nach Recht und Gesetz

■ Zur Ausbürgerung einer Roma–Familie

Ein Blick in die Akten macht schaudern. Die Sturheit bundesdeutscher Bürokraten im Fall des Georg Rose erinnert zu schmerzhaft an die Akribie, mit der die im Faschismus geltenden Gesetze auf Punkt und Komma in Menschenvernichtung umgesetzt wurden. Wenn sich eine bundesdeutsche Behörde - in diesem Fall das Standesamt der Stadt Frankfurt - noch am 22. Juli 1987 auf das Reichs– und Staatsangehörigkeitsgesetz berufen kann, mag das rechtens sein. Wenn sie diesen Bescheid einem Mann übermittelt, dessen Vater als Rom drei Jahre im Konzentrationslager saß, spricht das für ihre unmenschliche Sturheit. Daß Georg Roses Vater, der an den Folgen der KZ–Haft starb, zusammen mit seiner Familie, einschließlich des vierjährigen Sohnes, just ausgebürgert wurde, als er 1954 einen Entschädigungsantrag stellte, zeugt von kleinlicher Bosheit. All dies zusammen wiegt jedoch nicht so schwer wie die Tatsache eines Gutachtens, an dem offensichtlich 1954 niemand etwas auszusetzen fand. Daß sich die Vorfahren der Familie aus unklarer Herkunft irgendwann gegen 1870 die deutsche Staatsbürgerschaft erschlichen hätten, behauptete eben der Gutachter des bayerischen Kriminalamtes, von dem bekannt ist, daß er sein Wesen schon im Reichssicherheitshauptamt trieb. Sich heute noch auf diese unsäglichen Akten von 1954 zu stützen, heißt, im nachhinein den toten Vater von Georg Rose und ihn selbst der Rassehygiene zu unterwerfen, die so viele seiner Stammesangehörigen das Leben kostete. Die Stadt, die zur Zeit die Ausgrabungsreste des alten Frankfurter Judenviertels großenteils zubetonieren läßt, handelt auch 1987 nach Recht und Gesetz. Heide Platen