Die Zukunft der Contra

Washington (taz) - Der Friedensplan von Guatemala, zumindest mit den Augen eines Gegners von Reagans Zentralamerikapolitik betrachtet, ist das beste, was in der Folge der Iran/Contra–Hearings passieren konnte. Nach Oliver Norths ganzwöchiger Fernsehpredigt im Juli sah es so aus, als würden die oppositionellen Demokraten sich im Herbst nicht mehr trauen, weitere Gelder für die Contra abzulehnen. Schließlich haben sie eine Heidenangst vor dem ihnen von den Republikanern immer wieder untergeschobenen Vorwurf, Zentralamerika „den Kommunisten ausliefern“ zu wollen. Dann kam vor zwei Wochen der Überraschungscoup des Weißen Hauses und des demokratischen Fraktionsführers Jim Wright, mit einem Friedensplan nach Washingtoner Rezept einen dritten Weg aus der Klemme zu finden und nebenbei den zentralamerikanischen Staatschefs zuvorzukommen. Doch Jim Wright war noch für eine weitere Überraschung gut. Als die zentralamerikanischen Staatschefs sich überraschend in Guatemala–City geeinigt hatten, erklärte er flugs, deren Plan sei das erfolgversprechendere Rezept gegen die mittelamerikanische Dauerkrise, ihm müsse eine Chance gegeben werden. Plötzlich war Reagan in eine Ecke gedrängt, in der ihm kaum anderes übrigblieb, als mitzuspielen. Unversehens hatten ihn, der nicht müde wird, „Demokratie“ als sein Ziel in Nicaragua zu bezeichnen, sowohl die Demokraten als auch die Sandinisten beim Wort genommen. Nun ist Ronald Reagan das Ruder aus der Hand genommen. Den Plan von Guatemala wird der US– Präsident ungleich schwerer für gescheitert erklären können als seinen eigenen Entwurf - besonders, falls die Staatschefs aus Mittelamerika diese Ansicht nicht teilen sollten. Ihnen fällt in den nächsten Wochen eine wesentlich wichtigere politische Rolle zu als dem US– Präsidenten, und alle Anzeichen der letzten Monate deuten auf ein wachsendes Selbstbewußtsein der Nachbarstaaten Nicaraguas, die Krise selbst zu lösen. Die Contras sind dabei im Weg, und einmal mehr wird deutlich werden, daß sie nicht nur finanziell und militärisch, sondern auch politisch an der Nabelschnur des Weißen Hauses hängen. Innerhalb der Reagan–Unterstützer ist über die ganze Affäre ein bitterer Streit ausgebrochen. Der Plan von Guatemala–City und dessen vorsichtige Unterstützung durch Reagan in seiner Fernsehansprache hat den rechten Rand der Republikaner einmal mehr von ihm entfremdet, doch für einen diplomatischen Veteranen wie seinen Lateinamerika–Emissär Philip Habib waren die Bremsversuche der Ultras Grund genug, seinen Rücktritt einzureichen. Diese Super–Antikommunisten wollen nichts anderes gelten lassen, als die Contra bis zum militärischen Sieg zu unterstützen. Doch dieser Sieg ist noch weit, unendlich weit, und der Weg dahin könnte durch eine verlorene Abstimmung über Contra–Gelder im Kongreß urplötzlich verbaut sein. Die Contras, das vergessen die Ultras zu leicht, sind von demokratischen Überläufern im Kongreß abhängig. Gegenwärtig haben in der Reagan–Administration diejenigen die Oberhand, die dies begriffen haben, und das ist gut so. Stefan Schaaf