Ein militärisches Heimspiel

■ Mehr als 400 Teilnehmer aus 38 Ländern bei der Kanu–WM in Duisburg Kriegerische Eröffnungsfeier mit Kampfschwimmern und Fallschirmspringern

Duisburg (taz) - Sportlich ist der Polizist - besonders wenn er aus Berlin kommt und bei der Motorradstaffel der Berliner Schutzpolizei mitmacht. Genauso sportlich sind die Bundeswehrsoldaten, die trotz Kampfschwimmerausbildung als Fallschirmspringer im Duisburger Wedau–Stadion einschweben. Sportlich ist auch der Anlaß, bei dem Bundeswehr und Ordnungshüter ihre Fähigkeiten zeigen: die 21. Kanu–Weltmeisterschaft 1987 in Duisburg. Die Eröffnungsfeier geriet streckenweise zum militärischen Heimspiel. Da spielte das Heeresmusikkorps 7 zum Einlauf der KanufahrerInnen aus 38 Ländern flotte Marschmusik, und ein martialischer Marinehubschrauber durchflog das Stadion mitten im Ständchen einer holländischen Blaskapelle. Zum zweiten Mal nach 1979 richtet der Deutsche Kanu–Verband die Weltmeisterschaft aus. Kampfstätte ist die Regatta–Bahn in Duisburg–Wedau, die internationales Renommee besitzt. Auch die Ruder–Weltmeisterschaft 1983 wurde hier veranstaltet. Die Kanu–Wettkämpfe werden in zwei Bootsklassen ausgetragen, den „Kajaks“ und den „Canadiern“. Die Kajaks werden von einem bis vier Sportlern mit je einem Dop pelpaddel gefahren, in den Canadiern knien ein oder zwei, die das Boot mit je einem Stechpaddel voranbringen. Es gibt bei der WM 18 Bootskategorien über drei Distanzen: 500, 1.000 und die Langstrecke 10.000 m. Bis zu den Endläufen am Sonntag müssen die Athleten Vorläufe, Zwischenläufe und Hoffnungsläufe bestreiten. Für die meisten, besonders wenn sie nicht in großen, nationalen Verbänden organisiert sind und so gefördert werden, kommt das „Aus“ schon im Vorlauf. Wer sich sein Weltmeisterschaftsboot beim Duisburger Kanu–Club leihen muß, weil er die Transportkosten für das eigene nicht bezahlen kann, hat von vorneherein schlechte Karten. Trotzdem sind die Sportler aus Argentinien oder Attilio Vasquez und Victor Ayzaguer aus Uruguay, die allein, ohne Betreuer und Boot, angereist sind, guter Dinge. Immerhin nehmen sie an einer Weltmeisterschaft teil und schwenken beim Einmarsch der Nationen ins Stadion begeistert ihre Nationalfahnen. Vom militärischen Brimborium, das das Duisburger Organisationskomitee aufbietet, lassen sie sich wenig beeindrucken. Genauso wie viele andere Sportler, die im Laufe der Eröffnungsreden nach und nach ihre Mannschaftsaufstellung verlassen und sich auf dem Rasen lümmeln. Glücklicherweise ist der taz– Sonderkorrespondent gerade Bier holen, als die deutsche Nationalhymne ertönt und das ganze Stadion sich „wie ein Mann“ von den Stühlen erhebt, um nach der Anweisung des Moderators „die Fahne und das Gastgeberland zu ehren“. Die ganze Zeit über mosert der Korrespondent schon über die aufdringliche Militärpräsenz und befindet sich mit seiner Kritik in Gesellschaft. Auch dem „Organisationsausschuß der Duisburger Friedensinitiativen“ ist die Selbstdarstellung der Bundeswehr so peinlich, daß er ein zweisprachiges Flugblatt verteilt, um sich bei den ausländischen Sportlern zu entschuldigen. Ganz besonders sticht ein Riesen–Werbezelt der Bundesmarine ins Auge, das vor der Haupttribüne der Wettkampfstätte aufgebaut ist. Daß es so schön ist, Soldat bei der Bundeswehr zu sein, dürfte die ausländischen Kanuten doch wohl nur am Rande interessieren. Besonders, wenn sie aus Ländern kommen, die die deutsche Wehrmacht nicht in bester Erinnerung haben. Wolfgang Ehmer und Corinna Kawaters