Da schüttelt es den Herrn Staatssekretär

■ Ein Besuch in der Bundesgrenzschutz–Zentrale mit Carl–Dieter Spranger (CSU) / Ihn graust sogar noch die gesunkene Zahl der Asylbewerber / Mosern bei der Truppe, weil die 30 neuen BGS–Frauen nur Einzeldienst zu schieben brauchen

Aus Koblenz Max Holz

Carl–Dieter Spranger, der parlamentarische CSU–Staatssekretär im Bonner Innenministerium, ist ein ordentlicher Mann. Kein Haar liegt falsch. Der Anzug sitzt. Militärisch korrekt und kerzengerade bewegt er sich. An diesem Tag ist er besonders gut gelaunt. Spranger besichtigt mit ein paar ausgewählten Journalisten die Bundesgrenzschutzdirektion in Koblenz. Sie lenkt den gesamten Einzeldienst des Bundesgrenzschutzes (BGS) mit seinen rund 2.100 Vollzugsbeamten und noch einmal 300 Angestellten in den neun Grenz schutzämtern an 70 Grenzstellen. Der Besuch der Pressevertreter ist für den Direktor der Grenzschutzdirektion, Hilmar Dinglreiter, ein Novum. Sprangers Idee vom Besuch mit Medienvertretern im völlig veralteten BGS–Betonklotz in der Koblenzer City - nicht einmal der Aufzug funktioniert immer, erzählte ein BGS–Mann - war ihm jedoch Befehl. Er gehört offenbar zu jener Spezies, die devot permanent freundlich bleibt. So wundert es auch nicht, daß er die Frage nach seinen möglichen Wünschen an die Bundesregierung, sei es Personalaufstockung, sei es bessere logistische Ausrüstung, bescheiden freundlich beantwortet: „Das ist schon eine schwierige Frage für einen Behördenleiter, doch ich bin zufrieden.“ Dinglreiter kommt aus der bayrischen Hauptstadt München. Er gerät ins Schwärmen, wenn er die Erfolge „seiner“ Beamten auflistet, auch wenn die Arbeit noch so schwer sei. Ein Hauptaugenmerk des Einzeldienstes, so strahlt er, gilt der Bekämpfung der unerlaubten Einreise von Ausländern. In der dazu eigens eingerichteten Zentralstelle weiß man denn auch, daß sich im ersten Halbjahr 1987 die Zahl der „Schleuser“, also der bezahlten Helfer bei illegaler Einreise, auf 178 erhöht hat. Die Zahl der „illegal“ eingeschleusten Ausländer habe dagegen abgenommen, meint Oberkommissar Ferdinand. Die erhöhte Anzahl der Schleuser führe man auf die „Kleinstbasarkriminalität“ aus Indien, Pakistan und der Türkei zurück. Damit ist die Einschleusung in Kleinstgruppen oder nur eines einzelnen Ausländers gemeint. Werden illegal einreisende Ausländer an der Grenze oder beispielsweise auch auf den bundesdeutschen Flughäfen erwischt, dann, „werden sie beanzeigt“, erzählt Ferdinand. Der nächste Schritt: Man knöpft ihnen - sofern sie welches besitzen - Geld ab, um die durch ihre Anwesenheit entstandenen Kosten für die BRD zu senken. Dann werden sie abgeschoben und im zentralen Computer gespeichert. Die Situation der Ausländer interessiert dabei nicht. Natürlich berufe sich der ein oder andere schon mal auf einen Asylantrag. „Dann ist er eben drin“, so Dinglreiter. Er bedauert wie seine Beamten vor allem die grüne Grenze. Bei neun Millionen Reisenden würden ohnehin nur drei Prozent „fahndungsmäßig überprüft“. „Das ist die ganz große Krux, der Preis der Freiheit“, sagt ein Hauptkommissar. Vor allem Carl–Dieter Spranger wurmt sogar noch die erheblich gesunkene Quote der Flüchtlinge. Nach rund 100.000 im vorigen Jahr erwarte die Bundesregierung für dieses Jahr insgesamt 60.000 Asylbewerber. „Diese Zahl ist nach wie vor zu hoch“. Sprenger schüttelt sich dabei regelrecht. Der rechte Staatssekretär hat ohnehin eine erstaunliche Meinung von der BRD. Die Bundesrepublik Deutschland sei „aufgrund ihrer geographischen und geopolitischen Lage mit ihren offenen Grenzen mehr als andere Staaten in Mitteleuropa Anziehungspunkt für kriminelle Kräfte“. Davon ist er überzeugt. Erst beim Abschlußimbiß kommt die Rede auf 30 Neue im BGS–Einzeldienst, der anders als die BGS–Verbände äußerst begehrt ist. Die 30 Neuen sind zum ersten Mal Frauen. Ein „Pilotprojekt“, sagt Spranger dazu. „Bei der Truppe fangen wir ja erst 1988 an“. Üblicherweise durchlaufen die BGS–Anfänger die ersten Jahre bei den Verbänden des Bundesgrenzschutzes. Diese haben Kombattantenstatus. Für die Beamtinnen des Einzeldienstes ist das nicht vorgesehen. Sie absolvieren eine zweieinhalbjährige Ausbildung und kommen dann in den „Genuß“ des Dienstes. „In der Truppe“ gab es deshalb schon „einiges an Gemoser“. Doch nicht einmal das wollte Dinglreiter dem Herrn Spranger antragen.