AL präzisiert Kritik an taz

■ AL zum Angriff auf taz–Lokalredakteur durch Berliner Autonome / Vorwurf, sie wolle die taz „auf Linie bringen“, zurückgewiesen / Diskussion über Gewalt in der Szene sei überfällig

Von Myriam Moderow

Berlin (taz) - Der Anschlag auf einen Berliner taz–Lokalredakteur, der für seinen kritischen Kommentar über eine Demonstration von Autonomen mit Steinwürfen auf sein fahrendes Auto „bestraft“ wurde und dessen Keller unter seiner Wohnung wenige Stunden später in Brand gesteckt wurde, hat zum heftigen Clinch zwischen der Berliner Alternativen Liste und der taz geführt. Auslöser war eine Erklärung von AL– Pressesprecher Dirk Schneider, der sich zwar vom „individuellen Terror“ distanzierte, jedoch großes Verständnis für die „ohnmächtige“ Wut vieler auf die taz zeigte: Die taz habe mit ihrer Kritik an AL und Autonomen längst den „solidarischen Zusammenhang“ verlassen und nutze leichtfertig ihre „Macht“ aus, meinte Schneider. Von der taz und Teilen der AL wurde Schneiders Erklärung als Versuch verstanden, die taz auf Linie zu bringen und weitere unbequeme Berichterstattung über AL oder Autonome zu verhindern. In einem offenen Brief von AL–Stadträten und Bezirkspolitikern wurde Schneider ein „gestörtes Verhältnis zur Pressefreiheit“ vorgeworfen. Rundfunkanstalten und andere Berliner Tageszeitungen griffen das Thema auf. Die AL nehme die Pressefreiheit nicht ernst, befanden zahlreiche Kommentatoren. Deshalb sah sich der AL–Parteivorstand gestern zu einer grundsätzlichen Stellungnahme gezwungen: Der Vorwurf, die AL wolle die taz zur „Prawda der AL“ umgestalten, sei „absurd“. Dennoch sei es legitim, die taz–Berichte und Kommentare „einer sachlichen Kritik zu unterziehen“. Im Grunde gehe die jetzige Diskussion am Kernproblem vorbei, meinte die AL–Vorständlerin von Galen. Zur zunehmenden Gewalt und Selbstjustiz in der Berliner Szene, die dazu führe, daß taz–Mitarbeiter und AL–Politiker bei autonomen Versammlungen rausgeschmissen und stadtteilaktivisten verprügelt werden , sei viel zu lange verschwiegen worden. Hier sei eine offene Auseinandersetzung überfällig.