Madonna Superstar

Der Paradiesvogel zwitscherte nur einmal. Aber nicht im Frankfurter Zoo. Monarchengleich mit 100 Handlangern im Rücken, servierte die berühmteste Hausfrau der Welt, die 29jährige Madonna Louise Ciccone, eine perfekt hingelegte Bühnenshow im Waldstadion und brachte etliche der 60.000 zahlenden Verehrer trotz Alkoholverbot zur physischen Kapitulation. Jedenfalls gibt sie der adoleszenten Protestgeneration ein allgegenwärtiges Vorbild ab. Madonna kramt in den Kisten weiblicher Vergangenheit und signalisiert: Die sicherste Waffe einer Frau ist die visuelle Prostitution mit dem Körper. Dem männlichen Teenie tanzt sie die vier chamäleonartigen Rollen einer Mutter, Hausfrau, Geliebten und eines Kumpel vor. Begeisterte Girls allerorten folgen der identitätslosen Kopie, die alle Vorzüge der durchschnittlichkeit besitzt. Erstaunlich, dieser Dauer– Optimismus, sich weder durch Film–Flops noch prügelnde Ehemänner aufhalten zu lassen. Klingt fast, als hätten wir es mit dem ersten pädagogisch legitimierten Rock–Star zu tun, einer bzw. eine, die nicht schockiert, sondern mild belächelt Soft–Provokationen von sich gibt. Begraben sind die Zeiten bangender Eltern um den schädigenden Einfluß exzessiver Drogen–Musik– Vorbilder. Als exemplarische Vegetarierin, Anti–Alkoholikerin und menschliche Fitnessmaschine schafft Madonna das neue Lebensgefühl einer anderen Jugend. Wenn da mal nicht CIA, Interpol oder eine staatlich geförderte Anti–Drogen–Institution seine Finger im Spiel hat, wo sie doch recht verdächtig unpolitisch agiert? Connie Kolb TAGESTHEMA SEITE 3