„Bioland“ boykottiert Bauernfest

■ Erstmals ökologische Anbauverbände auf Zentralem Landwirtschaftsfest des Bauernverbands / Bio–Bauern ziehen Teilnahme an alternativem Dezentralen Landwirtschaftsfest vor

Aus München Luitgard Koch

„Die Nachfrage seit Kriegsende bei den Ausstellern zum Zentralen Landwirtschaftsfest war kaum jemals so groß“, brüstet sich der Bayerische Bauernverband (BBV). Bereits ab Februar seien die Ausstellungsflächen auf der Münchner Oktoberfestwiese restlos ausgebucht gewesen. Doch das ist nicht die einzigen Superlative, die der CSU–nahe Verband stolz verkündet. Erstmals ist auf dem diesjährigen Fest unter dem Motto: „Landwirtschaft und Umwelt“, das in zwei Wochen von Ministerpräsident Strauß eröffnet wird, auch ökologischer Landbau vertreten. Eingeladen wurden dazu die Vertreter von „Demeter“, „Bioland“ sowie der „Biokreis Ostbayern“, die sich zur AGL (Arbeitsgemeinschaft ökologischer Anbauverbände e.V.) zusammengeschlossen haben. „Direktvermarktung ist eine Marktnische, aber natürlich keine Lösung für alle Bauern“, so der Sprecher des BBV, Wolfgang Riedl. Da die Lage der Bauern in den vergangen Jahren zunehmend schwieriger geworden sei, habe man sich zu diesem Schritt entschlossen und den „Ökos“ eine eigene Halle zur Verfügung gestellt. Doch nicht alle machen jetzt von dem Angebot Gebrauch. Die rund 240 Bio–Bauern und Gärtner von „Bioland“ boykottieren das Landwirtschaftsfest. „Die Einladung war mit der Erwartung verknüpft, daß wir den Bauernverband nicht angreifen“, erklärt „Bioland“–Sprecher Georg Sturm. Ein Auftreten ohne Kritik zu üben, kann sich Sturm jedoch nicht vorstellen. Nach Ansicht von „Bioland“ widerspricht bereits die Verbandspolitik des BBV dem diesjährigen Motto „Landwirtschaft und Umwelt“. Die Einstellung des BBV, wonach vorrangig der Ertrag zählt, gleichzeit jedoch Überschüsse vernichtet werden, ist für Sturm untragbar. Protest meldete er auch gegen die vom BBV geförderte Weiterentwicklung von Rapsölmotoren an. Auf dem Fest wird auch ein derartiger „Bio– Schlepper“ präsentiert. Außerdem forderte der Verband den BBV auf, seine Verleumdungen gegenüber dem ökologischen Landbau zurückzunehmen. So wurde etwa verbreitet, daß im biologisch angebauten Getreide zu viel Mutterkorn enthalten sei. Während „Bioland“ es nun vorzieht nicht auf der „industriellen Mammutshow“ aufzutreten, sondern am „Dezentralen Landwirtschaftsfest“ der Alternativbauern im schwäbischen Biberach teilzunehmen, hoffen die beiden anderen biologischen Verbände auf die hohen Besucherzahlen, rund 10.000, beim Zentralen Landwirtschaftsfest (ZLF). Geschickt aus der Affäre gezogen hat sich „Demeter“. Der Verband nimmt an beiden Veranstaltungen teil. Uneinigkeit über das Vorgehen in bezug auf das ZLF herrscht auch bei den bayerischen Grünen. Während der grüne Bundestagsabgeordnete Halo Saibold aus Niederbayern bereits 1981 das ZLF als „Tanzboden der Chemie“ bezeichnete und 1984 seine Einladung unter Protest zurückgab, scheint man jetzt auf einen Sinneswandel beim BBV zu hoffen. Der grüne Biobauer Michael Sendl versuchte „Bioland“ zur Teilnahme zu überreden und auch die grüne Landtagsabgeordnete Ruth Paulig bezeichnete eine Absage als „unkluge Sache“.