Giftwaggons nun vor Gericht

■ Entsorgung von Giftmüll weiter ungeklärt / Giftsammler und -Entsorger personell verquickt

Hannover (taz) - Die beiden Waggons auf einem Privatbahnhof in Oberkirchen im Landkreis Schaumburg, in denen die hannoversche Firma Stenzel illegal flüssigen Giftmüll gesammelt und monatelang gelagert hatte, sind jetzt Gegenstand eines Verfahrens vor dem Hannoverschen Verwaltungsgericht. Die Firma hat eine Einstweilige Anordnung gegen die Verfügung des Landkreises beantragt, die Waggons bis gestern 24 Uhr zu beseitigen, da es sich bei den Abfällen nur um Wirtschaftsgut handele. Das Umweltministerium in Hannover mußte hingegen inzwischen bestätigen, daß die 100.000 Liter Giftmüll in den beiden Kesselwagen knapp 10 Milligramm pro Kilo an Polichlorierten Biphenylen (PCBs) enthalten. Als sein Haus die Öffentlichkeit über den Inhalt der Waggons informiert habe, so ein Sprecher des Umweltministeriums, habe man dies versehentlich nicht erwähnt. Derweil sucht der Landkreis Schaumburg bisher vergeblich nach einer Entsorgungsmöglichkeit. Wie der stellvertretende Oberkreisdirektor Klaus–Henning Lemme mitteilte, sei zumindest bei einem Waggon der Anteil an chlorierten Kohlenwasserstoffen mit 10 Prozent so hoch, daß die Entsorgung in einer bundesdeutschen Verbrennungsanlage nicht möglich ist. In Frage käme nur eine Verbrennung auf Hoher See. Bekannt wurde inzwischen auch, daß der Betreiber der illegalen Giftmüllsammlung, die Firma Stenzel aus Hannover–Langenhagen, auch mit der landeseigenen „Gesellschaft zur Beseitigung von Sonderabfällen“ (NGS) verbunden ist, die vor kurzen die Giftmülldeponie Hoheneggelsen erworben hat. Der Geschäftsführer der Firma Stenzel sitzt als Verterter der „Nehls GmbH für Industriemüll, Gift und Sonderabfälle“ in der Gesellschaftsversammlung der NGS. Beide Firmen sind auf dem gleichen Gelände zuhause und firmieren unter den gleichen Telefonanschlüssen. Jürgen Voges