Lückenlos

■ Kohls Äußerung zur Pershing

Gestern hat Bundeskanzler Kohl einen schönen Coup gelandet und damit der SPD wieder einmal die Schau gestohlen: Er agierte wie gehabt in der Pose einer Quasi–Atommacht, die „ihre“ Atomwaffen, die Pershing–IA–Raketen, nicht zur Debatte stellen will. Damit hat Helmut Kohl eine politisch– psychologische Aufwertung des atomaren „Habenichts“ Bundesrepublik erreicht und konnte sogar gönnerhaft etwas anbieten, was im Grunde mit dem Ja zur „doppelten Null–Lösung“ schon lange eine Selbstverständlichkeit ist: Daß die Bundesrepublik darauf verzichtet, die Pershing IA zu einer um eine Brennstufe verkürzte Pershing–II umzuwandeln. Angesichts der Großmachtphantasien, die beim Streit um Doppel–Null im rechten CDU–Flügel hochkamen, wird aus einer Selbstverständlichkeit schon eine kleine Sensation. Daß der Kritik der Opposition in und außerhalb des Parlaments an der CDU–Sicherheitspolitik damit ein Stück der Wind aus den Segeln genommen wurde, hat freilich sehr viel mit der Fixierung auf Atomwaffen zu tun. Der Atompazifismus, der von der SPD über die Grünen weit in die Friedensbewegung hineinreicht, ließ völlig außer acht, daß Abrüstung im atomaren Bereich durch konventionelle Aufrüstung, jetzt z.B. durch 200 konventionelle Raketen, kompensiert werden soll. Eine teilweise Ent– Nuklearisierung kann durchaus mit einer Verbesserung von Kriegsführungsfähigkeiten einhergehen, und damit auch einem Wörner und Strauß entgegenkommen - gerade wenn atomare Abrüstung im Rahmen des Rogers–Plans (“Angriff in die Tiefe“) umgesetzt werden soll. Solange das Prinzip Abschreckung gilt, gibt es keine Lücken. Ursel Sieber