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Kein Führerschein für Kiffer

■ Amtsärztliche Untersuchung eines Taxischein–Anwärters ergab Cannabis in seinem Urin / Landratsamt entzog ihm daraufhin die Fahrerlaubnis / Verwaltungsgerichtshof Mannheim bestätigte diese Entscheidung

Aus Heidelberg Rolf Gramm

Wer sich beim Kiffen erwischen läßt, muß um seinen Führerschein bangen, und zwar unabhängig davon, ob er in angetörntem Zustand das Auto benutzt hat oder nicht. Der baden–württembergische Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Mannheim bestätigte jetzt, daß das Landratsamt des Rhein– Neckar–Kreises berechtigt war, dem 34jährigen Elektroniker Dieter S. die Fahrerlaubnis zu entziehen. Es entspreche, so heißt es in dem Beschluß, „ständiger Rechtsprechung des Senats, daß auch derjenige zum Führen von Kraftfahrzeugen aller Klassen in der Regel ungeeignet ist, der ohne abhängig zu sein, regelmäßig Haschisch zu sich nimmt“. (AZ: 10 S 549/87) Dieter S., der in 15jähriger Fahrpraxis nie in Unfälle verwickelt war, wollte 1985 den Taxischein machen und mußte sich daher einer amtsärztlichen Untersuchung unterziehen. Dabei wurde das im Hanf enthaltene THC (Tetrahydrocannabinol) im Urin nachgewiesen. Weil er zuvor schon zweimal wegen geringer Mengen mit dem Betäubungsmittelgesetz in Konflikt geraten war, schlossen die Behörden, daß er regelmäßiger Cannabis–Konsument sein müsse. Nicht nur der Taxischein wurde ihm versagt, sondern auch alle anderen Führerscheine eingezogen. Der VGH erklärte dieses jetzt für rechtmäßig. Wie alle anderen behördlichen Instanzen zuvor berufen sich die Richter auf das Gutachten „Krankheit und Kraftverkehr“ des „Gemeinsamen Beirats für Verkehrsmedizin beim Bundesminister für Verkehr und beim Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit“. In diesem fast 50 Seiten umfassenden Gutachten ist zu denen von Cannabis für die Fahrtüchtigkeit ausgehenden Gefahren gerade ein Satz zu finden: „Das Haschisch kann zwar häufiger als das LSD genommen werden, es kann jedoch auch bei einmaliger Zufuhr nach einem symptomfreien Intervall von mehreren Tagen zu einem Wiederaufflammen der Rauschsymptome (flash–back, Echo–Rausch) kommen.“ Und wer Stoffe zu sich nehme, die durch ihren „intervallären“ Wirkungsablauf „jederzeit unvorhersehbar und plötzlich seine Leistungsfähigkeit vorübergehend beeinträchtigen können“, sei zum Führen von Kraftfahrzeugen aller Klassen ungeeignet. Dieter S. und sein Rechtsanwalt Wolfgang Schmid hatten beim VGH beantragt, zu der behaupteten Existenz eines solchen „flash– back“ nach dem Haschisch–Genuß einen Sachverständigen zu Rat zu ziehen. Berufen konnten sie sich dabei auf einen Beschluß des Freiburger Verwaltungsgerichts in einem ähnlichen Fall, in dem die Erkenntnisse über den Echo– Rausch immerhin als „noch nicht gesichert“ bezeichnet werden. Die Richter des VGH allerdings ließen sich nicht zu einer eigenen Prüfung des Sachverhalts bewegen. Für sie handelt es sich dabei weder um eine „besonders schwierige oder umstrittene medizinische Frage“ noch sehen sie „Anlaß zu Zweifeln an der Sachkunde“ der Autoren des für den Senat maßgebenden Gutachtens.

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