Gerichtsvollzieher sollen Nordkoreas Vermögen pfänden

■ Zum ersten Mal in der Schuldenkrise wird ein Land für zahlungsunfähig erklärt

Berlin (taz) - Gestern noch wollte sich das Land möglichst umfassend an devisen–kostspieligen Olympischen Spielen beteiligen, heute schon läuft man Gefahr, daß der eigene Botschafter in Paris, London oder Japan vom Gerichtsvollzieher vor die Tür gesetzt wird. Nordkorea ist pleite. Im Gegensatz zu vielen anderen verschuldeten Staaten, auf die ähnliches zutrifft, ist das Land Kim Il Sungs von den westlichen Gläubigerbanken jetzt offiziell für zahlungsunfähig erklärt worden. Es ist das erste Mal seit Beginn der Schuldenkrise, daß Banken diesen formellen Schritt vollziehen - in diesem Fall ein Konsortium unter Führung der britischen Morgan Grenfell Bank sowie ein japanisch–australisches Konsortium. Bei ersterem ist Pjöng Jang mit 1,4 Milliarden Dollar, beim zweiten mit 1,5 bis 2 Milliarden Dollar verschuldet. Die Anwälte der Banken haben bereits gerichtliche Verfahren zur Pfändung nordkoreanischen Vermögens eingeleitet. Man macht sich Hoffnungen auf Goldbarren, Bankguthaben, Grundstücke in Paris und Wien sowie andere Werte. Die Deutsche Presseagentur zitiert Londoner Bankenkreise, die Nordkorea als einmaligen Fall bezeichnen. Ihrer Ansicht nach seien selbst Länder wie Brasilien um ein anderes Verhalten bemüht. Während seines einseitigen Zinsmoratoriums habe Brasilia stets entsprechende Beträge in Landeswährung hinterlegt und sich um Kontakt mit den Gläubigern bemüht. Nordkorea habe dagegen seit 1984 keinerlei Zinsen mehr bezahlt und alle Kommunikationsschotten dichtgemacht. Umschuldungsvereinbarungen habe man seit 1977 völlig ingnoriert, lediglich beim ersten Mal hätte man kleinere Beträge zurückgezahlt. Man geht in London davon aus, daß Nordkorea darüber hinaus bei der Sowjetunion tief verschuldet ist, genaue Summen sind jedoch nicht bekannt. Ulli Kulke