: Byzanz in Venedig
■ Ein Protokoll der Eröffnungsveranstaltung der 44. internationalen Filmfestspiele in Venendig vom Samstag
Aus Venedig Arno Widmann
Adriano Donaggio, der Chef des Pressebüros der Filmfestspiele, begrüßt die Anwesenden und erteilt dem Präsidenten der Biennale das Wort, der begrüßt den Bürgermeister von Venedig und bittet ihn zu den Anwesenden zu sprechen, der Präsident ergreift wieder das Wort und stellt, nach einer kurzen Rede, den Leiter der Filmfestspiele Guglielmo Biraghi vor. Der Leiter der Festspiele stellt nach der Begrüßung der Anwesenden und einigen Worten der Erinnerung an John Huston die Jury und deren Präsidentin, Irene Papas, vor. Der Präsident erklärt dann die 44. Mostra di Venezia für eröffnet. Die alte Republik Venedig offeriert hier ein Protokoll, dessen Byzantinismus ganz und gar unerträglich wäre, wenn am Ende dieser kratzfüßelnden Etikette nicht das Chaos stünde. Der Chef des Pressebüros mußte erst mit dem Stock auf den Boden klopfen und die Großkopfeten ankündigen, damit die nicht in die Verlegenheit kommen, sich selbst vorstellen zu müssen, und dann bleibt unklar, wer die entscheidenden Worte, um derentwillen der ganze protokollarische Eiertanz aufgeführt wurde, gesprochen hat: „Die 44. Filmfestspiele von Venedig sind eröffnet.“ La Republica, die wichtigste italienische Tageszeitung, zeigt derweil wie man Geld macht. Am Ende ihrer täglichen vier Seiten stehen vier gutbezahlte Zeilen: „Die Artikel wurden via Telefax übertragen. Die Geräte wurden zur Verfügung gestellt von Infotex, DIV und der Hoechst Italia.“
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