Ein Naturwunder an der Lippe als leuchtende Ruhrpott–Attraktion

■ Das „Ewige Feuer“ in Hamm, ein „Natur–Weltwunder“ am Rande des Ruhrgebiets / Überirdisch abbrennendes Methangas irrlichtert über Wiesen an der Lippe / „Das ist wie wenn die Erde furzt“

Aus Hamm Corinna Kawaters

Kein Ortsfremder wird in dieser westfälischen Kleinstadt ein echtes Naturereignis vermuten, ist doch Hamm eher wegen seines Kernkraftwerks in Uentrop oder wegen der überdimensionierten Müllverbrennungsanlage berüchtigt. Doch es gibt das „Naturwunder“ in den Auen der Lippe, eines kleinen Flüßchens, das auch eher durch seine unnatürlichen Begleiterscheinungen, wie dem periodischen Fischsterben, zu größerer Bekanntheit gelangt ist. Zwischen der Lippe und dem Datteln–Hamm–Kanal, in der Nähe des Hammer Vororts Stockum, leuchtet das „Ewige Feuer“. Tag und Nacht, sogar bei Regen, besser aber abends und bei gutem Wetter, sind auf einer riesigen Ödfläche zahlreiche kleine Feuer zu beobachten. Orange–rot, gelblich oder blau flackern sie an verschiedenen Stellen zwischen Grasbüscheln am Boden. Als „Naturereignis“ und „Weltwunder“ rühmen die von ihrer Umgebung nicht gerade naturverwöhnten Anwohner diesen Anblick. Nachts und vor dem Hintergrund des benachbarten Gas–Kohle–Kraftwerks machen sich die kleinen Flammen recht gespenstisch aus. Ursache für das „Naturwunder“ ist Methangas, das überirdisch abbrennt. „Das ist wie wenn die Erde furzt“, versucht ein Gastwirt in der Nachbarstadt Werne die Brandursache zu erklären. Fachmännischer stellt es dagegen Herr Friedrich Paetow, Direktor des Bergamts in Hamm, dar: „Über der Steinkohle in 600–700 m Tiefe befindet sich das Methangas. Da das Deckgebirge in dieser Region stellenweise porös ist, die geologische Struktur also nicht ganz abdichtet, steigt das Gas hier nach oben.“ In Brand geraten ist es schon vor langer Zeit durch deine natürliche Ursache, z.B. einen Blitz, und war seither, außer bei Überschwemmungen der Lippe, nicht mehr ganz ausgelöscht. Das unter Tage bei den Bergleuten so gefürchtete, weil leicht brennbare Methangas, ist über Tage wwegen der starken Sauerstoffverdünnung völlig ungefährlich, erklärt Herr Paetow. Doch rasch fügt er hinzu, durch trübe Erfahrungen gewitzigt: „Das muß uns erst nachgewiesen werden, daß der Bergbau daran schuld ist.“ Während nämlich das „Ewige Feuer“ in den Lippe–Auen noch als lokale Attraktion begrüßt wird, freuen sich die Anwohner andernorts nicht so sehr über die Methangasausdünstungen. In Gegenden, wo Bergsenkungen ganze Straßenzüge absacken lassen und dadurch das Gas austritt, können solche „Ewigen Feuer“ einigermaßen beunruhigend sein. Doch besonders im Frühjahr, so schwärmt der Bergdirektor, sei das Lippe–Feuer ein reizvoller Anblick. „Wenn der Schnee schmilzt und Wasser auf der Wiese steht und es dazwischen so richtig schön blubbert.“ Die Kühe jedenfalls, die da auf der Wiese weiden, können das Feuer auch gut haben und halten sich bei Kälte gern in dessen Nähe auf.