Falle zugeschnappt

■ Zur Wiederaufnahme des Tankerkrieges im Golf

Mit dem Wiederaufleben des „Tankerkrieges“ am Persisch–Arabischen Golf sind nun alle Faktoren für eine Ausweitung des iranisch–irakischen Krieges gegeben. Dies hatte sich seit dem Beginn des US–Aufmarsches in der Region bereits als Möglichkeit abgezeichnet. Die Supermacht, angetreten, die freie Schiffahrt und insbesondere die Tanker Kuwaits zu schützen, ist zu einer Antwort gezwungen, wenn Iran irakische Angriffe auf seine Schiffe mit dem Beschuß arabischer Tanker beantwortet, wie am Montag geschehen. Die gefährliche Spirale am Golf hat sich damit um einige Windungen weitergedreht. Sechs Wochen lang hatte die Präsenz von US–Kriegsschiffen für eine Pause im Tankerkrieg, der zweiten Front des Golfkrieges, gesorgt. Dann war die Führung in Bagdad jedoch mit ihrer Geduld am Ende: Der Iran hatte es nicht nur geschafft, seine Antwort auf die UNO–Resolution zu einem Waffenstillstand im Golfkrieg hinauszuzögern und damit eine zweite Entscheidung des Weltsicherheitsrats über ein Waffenembargo zu vermeiden. Mit diesem Spiel auf Zeit nutzten die islamischen Revolutionäre zugleich die Pause im Tankerkrieg für die Erhöhung ihrer Erdölausfuhr. Anders als der Irak ist Iran für seine Exporte auf die Meeresenge von Hormuz angewiesen und daher auch bereit, die Frage der freien Schiffahrt im Golf als gesondertes Problem des Krieges zu regeln. Der Irak insistiert demgegenüber auf einer globalen Lösung: Eine Übereinkunft allein in der Frage der Schiffahrt würde den Aktionsrahmen seiner überlegenen Luftwaffe und damit auch die Möglichkeit, den Nerv der gegnerischen Wirtschaft zu treffen, stark einschränken. Mit der Wiederaufnahme des Tankerkrieges hat die Bagdader Führung die iranischen Politiker unter Zugzwang gesetzt. Der iranische Angriff auf ein kuwaitisches Containerschiff zeigt, daß das irakische Kalkül aufzugehen droht. Denn eine amerikanisch–iranische Konfrontation liegt durchaus im Interesse der irakischen Führung. Wäre doch ein US–Angriff etwa auf iranische Raketenstellungen eine direkte Intervention der USA auf Seiten des Irak, während der Aufmarsch der 41 amerikanischen Kriegsschiffe im Golf bisher eher dem Iran genutzt hat. So sind es jetzt die USA, die unter Zungzwang stehen. Dies gilt vor allem dann, wenn Iran weiterhin mit Angriffen auf Schiffe vor der arabischen Küste auf entsprechende irakische Angriffe reagiert. Wenn die USA nicht als „Papiertiger“ dastehen und in der arabischen Welt das Gesicht verlieren wollen, können sie den Beschuß von Schiffen der Golfanrainerstaaten nicht unbeantwortet lassen. Denn schließlich ging es bei der Entsendung der Kriegsschiffe und dem Geleitschutz für kuwaitische Tanker weniger um die Freiheit der Meere, als vielmehr darum, nach Irangate das Image der USA in der Region als unzuverlässiger Zeitgenosse wieder zurechtzurücken. Die Falle im Persisch–Arabischen Golf ist hinter den amerikanischen Kriegsschiffen zugeschnappt. Beate Seel