Am 10. 9. perfekt: Bald 3. bundesweites Privat–TV?

■ Italiens Medienzar Berlusconi plant Einstieg in Münchens „Musicbox“–Fernsehen

Von Benedict M. Mülder

Berlin (taz) - Herbert Kloiber, Münchner Filmproduzent und -verleiher mit einem 35–Millionen–Umsatz, besitzt neben einer Beteiligung an der bayerischen „Kabel Media Programmgesellschaft“ (KMP) eine dynamische Unternehmensphilosophie. Was, so fragte er sich vor einiger Zeit, brachte dem deutschen Zuschauer die Zulassung von Privatfernsehen? „Ein doppeltes Lottchen“, seine Antwort, „zwei Öffentlich– Rechtlichen stehen nach gleichem Strickmuster zwei Private gegenüber, RTL plus und SAT 1.“ Das könne nicht alles gewesen sein. Und weil Kloiber ohnehin einen finanzstarken Partner suchte, durfte es auch einer sein, der ganz groß ins (Werbe–)Geschäft kommen will und wird: Silvio Berlusconi, Italiens TV–Multi. Für nicht einmal zwei Millionen Mark will der Medienzar, der den meisten Italienern neben FIAT–Chef Agnelli als Inbegriff des modernen Unternehmers gilt, sein 45 Markt erwerben. Kloiber hält dann 45 Wolfgang Fischer, ein Kabel–Pionier erster Stunde, 10 Video–Clips und Kurznachrichten bestehende Musicbox (Jahresetat 24 Mio. DM) mit jährlich zunächst 15 Mio. Mark aufmöbeln und als die endgültige dritte bundesweite Fernsehstation in Positur bringen. Zwar ist noch kein Vertrag unterzeichnet, ein als Vorvertrag bezeichnetes Papier ist lediglich ein Brief (“a letter of intend“.) mit acht Punkten, doch der Einkauf des Italieners soll, wenn nichts dazwischen kommt, erst am 10. September notariell beglaubigt und feierlich begangen werden. Der Italiener, der nach Einschätzung seiner Landsleute aus Steinen Gold machen soll, besitzt das Zeug dazu. Mit drei TV–Ketten und zahllosen örtlichen Stationen stellte er in Italien die staatliche Konkurrenz RAI in den Schatten, in Frankreich betreibt er mit dem Presseriesen Hersant ganz erfolgreich den Sender La Cinq, in Spanien kaufte er eines der größten TV–Studios, es bestehen Kontakte nach Belgien und den Niederlanden, er hat TV–Beteiligungen in Kanada. Berlusconi will (Werbe–)“Fernsehen in ganz Europa machen“ und wird dank eines ausgeklügelten Netzes einen großen Einbruch in den Werbemarkt erzielen. Keiner kann der Industrie bisher so gute Angebote machen wie er, Werbung, europaweit, aber dank eigener Stationen gemäß den jeweiligen Ländern und nicht nur in englischer Sprache. Das macht den Turn in die Bundesrepublik mit dem „frischen Wind aus dem Süden“ äußerst sinnvoll. Doch bevor die Münchner Senkrechtstarter mit Berlusconi handelseinig wurden, waren Verhandlungen mit dem Filmgroßhändler Leo Kirch - er soll Berlusconi 13 haben - gescheitert. Schließlich baute der ob der Raffinesse seines Konkunrrenten Kloiber „schäumende“ Kirch noch auf das Kartellamt in Berlin, um die Alliance mit dem Mailander zu hintertreiben. Das Amt entschied indes kürzlich - schnell wie noch nie - innerhalb weniger Stunden, daß es keine Bedenken habe. „Seitdem ist die kleine KMP hoffähig geworden“, freute sich kürzlich Geschäftsführer Wolfgang Fischer über den gelungenen Coup, über das sich weder Öffentlich–Rechtliche noch Private so richtig freuen mögen. Als erstes will KMP das „Jugendunterhaltungs–Programm“ ausbauen, das auf keinen Fall „mehr vom Gleichen“ bringen soll, keine Wiederholungen wie bei der Konkurrenz und sogar journalistisch Anspruchsvolles. Fischer wie der smarte Kloiber sind Optimisten. Letzterer hat bereits einen neuen Spitznamen: Herbert Berlusconi. Fehlen nur noch die Frequenzen, aber auch darin sehen beide kein Problem, schließlich gäbe es noch 140 freie in den meisten Städten der Bundesrepublik.