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Knast–Hungerstreik weitet sich aus

■ Gefangene Frauen der Berliner Haftanstalt Plötzensee sind seit drei Wochen für bessere Haftbedingungen im Hungerstreik / Gefangene Männer solidarisieren sich seit gestern / Justizverwaltung bleibt stur

Aus Berlin Plutonia Plarre

Der Hungerstreik, mit dem acht Insassinnen der Berliner Frauenhaftanstalt Plötzensee seit nunmehr drei Wochen für bessere Haftbedingungen kämpfen, weitete sich gestern auch auf den Männerknast aus. „Wir wollen mit dieser Aktion die berechtigten Forderungen der hungerstreikenden Frauen unterstützen, und verlangen, daß der Senat die unmenschliche Realität in den Vollzugsanstalten beendet“, begründeten 27 Männer der Haftanstalt Tegel ihren Solidaritätshungerstreik. Indes ist die Berliner Justizverwaltung weiterhin zu keinerlei Kompromissen bereit. Vor drei Wochen hatte ein Viertel der rund 140 Insassinnen des Berliner Frauenknasts einen auf drei Tage befristeten Hungerstreik ausgerufen; acht Frauen streiken unbefristet. Als Gefangene in Europas modernstem Be tonknast mit überdimensionierten Sicherheitsstandards sehen sie keine andere Möglichkeit, sich gegen die unerträglichen Haftbedingungen der „hiesigen Entmenschlichungsmaschinerie“ zu wehren. Mit dem Hungerstreik, der von drogenabhängigen Insassinnen ausging, soll der Forderung nach unzensiertem Brief– und Lesematerial sowie nach Abschaffung der Besuchertrennscheibe und den entwürdigenden Urinkontrollen für drogenabhängige Gefangene Nachdruck verliehen werden. Auch damit, daß die Vollzugslockerungen bei Drogenabhängigen an die Absolvierung von Therapieprogrammen mit dazugehörendem „Seelenexhibitionismus“ gekoppelt sind, soll nach dem Willen der Frauen endlich Schluß sein. Stellvertretend für alle Insassinnen setzen sich die Hungerstreikenden dafür ein, daß jede Gefangene frei über ihre Kontakte und das Zusammenleben im Knast entscheiden kann. Obwohl der Streik heute in die vierte Woche geht, ist die Justizverwaltung zu keinerlei Kompromissen bereit, werden die Forderungen stereotyp als „abwegig“ und „unberechtigt“ abgetan. Im „Interesse“ der Gefangenen und aus „Fürsorge“, so ein Justizsprecher, werde an dieser Linie auch weiterhin festgehalten. Mit dem Argument, den Frauen drohe gesundheitlicher Schaden, „lassen wir uns nicht unter Druck setzen“. Um zu verhindern, daß die Frauen die Öffentlichkeit über ihren Streik unterrichten - „Wasserstandsmeldungen herausgeben“, sagte der Verantwortliche für den Strafvollzug dazu -, wurde für die Betroffenen in der vergangenen Woche ein generelles Telefonverbot verhängt. Von dringenden Ausnahmen abgesehen unterliegen dem Verbot auch Telefonate mit Anwälten und Familienangehörigen. Daß der Hungerstreik sich gestern in den Männerknast Tegel ausweitete, erfuhr der Justizsprecher erst durch Nachfrage der taz. 27 Gefangene erklärten in einem Flugblatt, von „den täglichen Demütigungen, von der Willkür einer paranoiden Auslegung des Strafvollzugsgesetzes, von der Förderung des Denunziantentums“ sowie von den „korrupten Machenschaften der Justizdiener und Politiker“ die Schnauze voll zu haben. Sie fordern unter anderem die Aufhebung des sonntäglichen Zelleneinschlusses, die Abschaffung von Bunkern, Sicherheitstrakten, Isolationshaft und Verwahrvollzug, Vollzugslockerungen auch für Ausländer und BTM– Gefangene, Rehabilitierungsmöglichkeiten für Gefangene im Maßregelvollzug, kostenlose Abgabe von Kondomen und Spritzen, und natürlich: „Sprechstunden mit den inhaftierten Frauen“.

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