USA ergreifen immer offener Partei für Irak

■ Massive Angriffsserie des Irak auf iranische Öleinrichtungen und Tanker / Iran reagiert im Golf zurückhaltend, eskaliert aber den Städtekrieg / Kein Interesse an Konfrontation im Golf / US–Geheimdienst liefert Informationen an den Irak

Aus Manama William Hart

Mit seiner Luftoffensive gegen die iranischen Ölexporte hat der Irak solange gewartet, bis der Aufmarsch der US–Flotte im Golf von Oman und im persisch–arabischen Golf abgeschlossen war. Mit massiven Luftangriffen stellt Bagdad jetzt wieder das Gleichgewicht im Krieg her. Hatte Teheran die Unterbrechung der irakischen Luftangriffe geschickt genutzt, seinen täglichen Ölexport auf über zwei Millionen Barrel am Tag zu steigern, so versucht Irak seit fünf Tagen mit der bisher massivsten Angriffsserie des gesamten Krieges, den iranischen Ölexport entscheidend einzuschränken. Es werden nicht nur Ölverladeeinrichtungen auf Golfinseln und Tanker vor der iranischen Küste, sondern auch Pumpstationen auf den Ölfeldern selbst angegriffen. Dabei nimmt Irak keine Rücksicht auf eine mögliche weitere Eskalation in den Golfgewässern. Die Machthaber in Bagdad haben nichts zu verlieren. Sollte Iran kuwaitische Tanker, die von US– Kriegsschiffen begleitet werden, oder gar Zerstörer, Fregatten und Hubschrauber der USA angreifen, würden die sicheren Vergeltungsangriffe der USA den Irakern nur nutzen. Hält sich Iran zurück, kann Irak die Angriffe auf den iranischen Ölexport weiterführen, ohne die arabische Ausfuhr grundsätzlich zu gefährden. Die bisherigen iranischen Vergeltungsangriffe bestätigen die irakische Rechnung. Zwar schwärmen die Revolutionswächter nachts mit ihren Schnellbooten aus und schießen auf alles, was ihnen nahe der arabischen Küste ins Zielkreuz kommt. Aber sie sparen nicht nur Schiffe mit dem Sternenbanner aus, sondern durchlöcherten bislang nur zweimal die Schiffswände. Von massiven Gegenschlägen kann also nicht die Rede sein. Die USA sollen nicht weiter herausgefordert werden. „Die Politik des Schlag auf Schlag wird auf eine gezielte Art und Weise fortgesetzt, und die Verschwörer erwarten bittere Erlebnisse“, nannte Irans Ministerpräsident Mir Hossein Mussavis gestern die iranische Reaktion. Der Sprecher der Revolutionswächter äußerte zusätzlich noch die älteste aller iranischen Drohungen: „Die USA müssen wissen, daß Iran um jeden Preis wie früher die irakischen Angriffe vergelten wird, und wenn die Provokationen der Feinde den Ölexport verhindern, die Straße von Hormuz schließt.“ Doch damit würde sich die Führung in Teheran selbst von den Deviseneinnahmen abschneiden. Die Hauptvergeltung, das hat sich gezeigt, richtet sich gegen Ziele im Irak. Die iranischen Kriegskommuniques der vergangenen Tage lesen sich wie ein Führer durch Fabriken und Versorgungseinrichtungen im Südirak. Meist sind die Fabriken jedoch schon stillgelegt. Die Artilleriegeschosse schlagen vor allem wieder in der südirakischen Stadt Basrah ein. Diesmal ist Iran die treibende Kraft in der Eskalation des Städtekrieges, die dann wie in der Vergangenheit mit den barbarischen Raketenangriffen auf Wohnviertel enden dürfte. Es ist jedoch kaum zu erwarten, daß Irak sich durch den Artillerie beschuß und die Bombenangriffe der nach wie vor schwachen iranischen Luftwaffe von der Fortsetzung des Luftkrieges gegen den iranischen Ölexport abbringen läßt. Iraks Staatspräsident Saddam Hussein hat sich nicht nur darin festgelegt, daß diese Angriffe bis zum Waffenstillstand fortgesetzt werden sollen, sondern Irak ist durch die US–Reaktion auf die Wiederaufnahme des Tankerkrieges ermutigt worden. Zwar kam eine laue Aufforderung Washingtons, in der Irak gebeten wurde, den Luftkrieg wiedereinzustellen, aber wenig später hieß es, falls Iran bis zum Wochenende nicht dem Waffenstillstands–Appell des UN–Sicherheitsrates Folge leiste, würden die USA im Weltsicherheitsrat auf ein Waffenembargo gegen die Islamische Republik Iran drängen. Damit sind mittlerweile die Bagdader und die Washingtoner Forderungen identisch. Und Reagans Leute taten ein weiteres. Mit einer gezielten Indiskretion, die dann zwar wieder dementiert wurde, erklärten Reagan–Mitarbeiter einem Reporter von der Nachrichtenagentur UPI, man habe dem Irak geraten, seine Angriffe zu intensivieren, damit Teheran die Schäden nicht mehr reparieren könne. Zudem werde Irak mit Geheimdienstinformationen versorgt, um Ziele im Golf ausmachen zu können. Weiterhin stehe eine Entscheidung der USA bevor, iranische Ölexportrouten zu verminen, falls die islamische Republik weitere Minen vor der arabischen Küste aussetze. Das bedeutet im Klartext grünes Licht für die irakische Angriffsserie. Es geht Reagans Leuten dabei nicht darum, dem Irak beizuspringen. Dies hätte man schon früher machen können. Die Schwächung Irans wird nun gefördert, da die Islamische Republik Washingtons Verbündeten Saudi Arabien herausfordert. Khomeinis Leute haben den Bogen überspannt.