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„Drittstaaten“–Kür

■ Zu Kohls trickreichem Rückzug der Pershing–1A

Für den Verzicht auf die „Modernisierung der deutschen Pershing–1A–Raketen“ warf sich SPD–Chef Vogel dem Kanzler gestern fast an die Brust. Mit „dem Verzicht“ ist Kohl aber keineswegs ein Abrüstungskanzler geworden. Selbst wenn die Pershing–1A auch ohne die Einbeziehung in die Genfer Verhandlungen nach 1992 verschwinden sollten - in der Pershing–1A–Debatte waren die Zwischentöne entscheidend. Und da wird weiterhin Atommacht gespielt: Denn Kohl maßt sich an, über Raketen zu bestimmen, deren wesentlicher Teil, die Sprengköpfe, der Bundesrepublik gar nicht gehören. Kohl hat erreicht, daß die Pershing–1A aus den Verhandlungen ausgeklammert bleiben und die BRD so zum „Drittstaat“ aufgewertet. Als „Drittstaaten“ gelten jedoch nur die kleinen Atommächte: Frankreich, England, China. In dieser Logik wurde der Modernisierungsverzicht sogar zu einer einseitigen Vorleistung, mit der man in anderen Verhandlungen pokern möchte. Mit der „Drittstaatentheorie“ wurden innenpolitische Tabus gebrochen: Hinter dem atomaren Selbstbeschränkungs–Konsens der Demokraten vollzieht sich etwas, das den Gedanken an eine atomare Mitverfügung der Deutschen, die über die atomare Teilhabe hinausreicht, „normaler“ erscheinen läßt. Wahrscheinlich verlangt die Bundesregierung bei künftigen Verhandlungen atomaren Kurzstreckenwaffen die gleiche „Sonderbehandlung“. Und jetzt schreit fast die ganze Republik: Kohl ist toll. Ursel Sieber

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