Nach dem Hungerstreik: „neue Stärke“

■ Die Protestaktion von acht Frauen im Berliner Knast Plötzensee ist zu Ende / Die Frauen schreiben in einem Flugblatt zum Ende der Aktion: „Kein Gefühl der Niederlage sondern neu gewonnene Stärke“

Aus Berlin Gitti Henschel

Nach mehr als drei Wochen haben die Gefangenen der Berliner Frauenhaftanstalt Plötzensee ihren Hungerstreik mit einer gemeinsamen Erklärung abgebrochen. Darin betonten die Frauen am Donnerstag, daß sie den unbefristet geplanten Hungerstreik „nicht mit einem Gefühl der Niederlage, sondern mit neu gewonnener Stärke“ abbrechen. Nicht die „permanenten Demoralisierungsversuche“ der Gefängnisleitung, „Zwangsmaßnahmen, Drohungen und Nicht–Eingehen auf unsere Forderungen“ seien der Grund für den Hungerstreik– Abbruch, sondern ihr „Gefühl, jetzt und an diesem Punkt mehr erreicht zu haben, als wir erwartet haben.“ Am 12. August hatten zunächst fünf, später insgesamt acht Gefan gene aus Haus 5, dem Drogenknast in der Frauenhaftanstalt, einen unbefristeten Hungerstreik angefangen, um sich gegen die besonders menschenunwürdige Haftbedingungen zur Wehr zu setzen, denen drogenabhängige Frauen ausgesetzt sind. Aus Solidarität mit denm Forderungen der Frauen hatten rund 30 weitere Gefangene aus der „Plötze“ einen dreitätige Hungerstreik durchgeführt. Insbesonders ging es den Frauen um die Abschaffung der Trennscheibe bei Besuchen, der Zensur von Post und Lesematerial, der entwürdigenden Urinkontrollen und um die Aufhebung ihrer Isolation. Zwar zeigte sich der Berliner Senat bis zuletzt nach außen in keiner Weise bereit, auf irgendwelche Forderungen der Frauen einzugehen. Doch intern, so der Eindruck der Rechtsanwältin Marga rete von Galen, die sich als Vertreterin der Berliner Strafverteidiger–Vereinigung für die Durchsetzung der Forderungen der Gefangenen eingesetzt hat, sei die Senatsverwaltung um eine Entspannung der Situation bemüht. So ist davon auszugehen, daß künftig die Urinkontrollen nicht in der besonders entwürdigenden Form - bei offener Tür in Gegenwart einer Schließerin - durchgeführt werden und daß innerhalb des Hauses mehr Durchlässigkeit zugelassen und mehr Umschluß stattfinden werde. Durch diesen ersten Hungerstreik in dem seit zwei Jahren bestehenden Frauenknast sei, so Rechtsanwältin von Galen, „der Nährboden für weiteren Zusammenhalt im Gefängnis“ gelegt worden. Und er hat, so die Gefangenen in ihrer Erklärung, „eine breite, hoffentlich bleibende und nachhaltige Diskussion ausgelöst“. Den vor drei Tagen begonnene Solidaritäts–Hungerstreik von 40 männlichen Gefangenen in Berlin–Tegel hielten gestern noch sieben Männer durch.